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50 Jahre Ferrari 250 GTO
von Reinhard Neubauer
 
(der Autor ist Mitglied im „Ferrari Model Club“; eine zurückhaltende, streng sachliche und emotionslose Betrachtung des Sujets möge daher nicht erwartet werden)
  

Im nachfolgenden Artikel geht es um die tollste, schönste, aufregendste und erfolgreichste Berlinetta seit Erfindung des Begriffs Gran Turismo. Auch 50 Jahre nach seinem Erscheinen gilt der GTO immer noch als der Inbegriff eines GT-Sportwagens: Ein Auto, mit dem man nach dem Brötcheneinkauf zur Rennstrecke fahren und dort siegen konnte. Und: Es ist der Ferrari der Ferraris, der auch heute noch von deutlich jüngeren Menschen problemlos als Ferrari identifiziert wird.

Die Dynamik der Karosserie, die Giotto Bizzarrini bei Ferrari gestaltet hatte und die dann später bei Scaglietti gefertigt wurde, ist nach wie vor unnachahmlich. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, denn der Modellsammler muss leider kritisch anmerken: Diese feine Bizzarrini-Linie vor allem im Bereich des Heckfensters und des Heckkotflügels bei einem Modellauto hinzubekommen: Das ist schon hohe Kunst.

Mit historischem Bildmaterial kann ich altersbedingt leider nicht dienen. Die eingestellten Außenbilder wurden anlässlich des 40. GTO-Geburtstages während der Ferrari Racing Days am Nürburgring aufgenommen. Die übrigen Fotos habe ich während der L’Idea-Ausstellung 1994 in der Neuen Nationalgalerie zu Berlin geschossen. Die Fotos mussten alle gescannt werden. Wer mehr action sehen will, sei an die Datenbank der tschechischen Freunde verwiesen.

GTO
GTO am Ring

Wie alles anfing:


Entscheidend für den Bau des 250 GTO war die Überlegung der CSI, die Marken-Weltmeisterschaft künftig als Championat für GT-Sportwagen mit einer Mindeststückzahl von 100 pro Jahr auszufahren. Die WM wurde in die Klassen bis 1 l, bis 2 l und über 2 l eingeteilt. Zunächst wurde nur Rundstreckenrennen gewertet, ab 1963 aber auch Bergrennen.


Leider war bei dieser Einteilung schnell klar, wie das Championat ausgehen würde: Abarth war in der kleinen Division hoher Favorit, Porsche in der 2 l-Klasse das Maß aller Dinge und Ferrari in der 3. Klasse nicht zu schlagen. Leidtragender war z. B. Alfa Romeo. Die Autos mit den Guilia- und Guilietta-Motoren waren für die eine Klasse zu groß und für die andere zu klein.


Enzo Ferrari jedenfalls schien Anfang der 1960er Jahre mit seinem 250 GT SWB (short wheelbase = 2400 mm) bestens gerüstet. Seine damalige Philosophie lässt sich mit zwei Zitaten kennzeichnen: „Der Ochse zieht den Karren, er schiebt ihn nicht“ und „Aerodynamik ist etwas für Leute, die keine Motoren bauen können“. Eine dritte Weisheit, die er explizit nicht sagte, möchte ich wie folgt zusammenfassen: „Wenn Du merkst, dass Du Dich irrst, ändere Deine Meinung schnell“.


Der Ferrari 250 GT SWB jedenfalls hatte zwar einen starken 3 l-Frontmotor, aber die Aerodynamik eines Ziegelsteins. Mit dem Erscheinen des Jaguar E-Type mussten die Ferraristi befürchten, dass hier bei guter Aerodynamik und einem starken Motor ein GT entsteht, der im Ferrari-Stammland räubern kann. Beim Aston Martin GTZ standen die Zeichen ähnlich. Also war klar, dass der stärkste Ochse irgendwann hinterher ziehen würde.

Der Prototyp


Ende 1960 erhielt der 250 GT SWB (#2643GT) eine Art Superamerica-Karosserie und einen Competition-Motor. Der Wagen gilt als Ahnherr der GTO und wird „Sperimentale“, Experimentalfahrzeug, genannt. Chinettis North American Racing Team (NART) setzte ihn 1961 in Le Mans ein. Die Fahrt auf der Hunaudières zeigte allerdings, dass bei hoher Geschwindigkeit die abgerundete Front zu leicht wurde – bei Höchstgeschwindigkeit sicherlich kein lustiges Fahrverhalten. Das Auto erhielt Frontflügelchen und einen Heckspoiler, um es auf dem Erdboden zu halten – mit mäßigem Erfolg. Im Rennen schied der Wagen mit Motorschaden aus, nachdem Baghetti und Tavano zwischenzeitlich einen 8. Platz halten konnten.


Einen großen Sieg landete #2643GT bei den 3 h von Daytona 1962: Gesamtvierter und GT-Sieg mit Stirling Moss, der damit Ferrari gleich im ersten Rennen die volle Punktzahl für die WM sicherte. Zu bemerken ist, dass unter den ersten 10 nur reine Sportwagen und Prototypen zu finden waren – und eben der GTO-Sperimentale. Sicherlich dürfte diese feine Platzierung auf das große Können des Piloten zurückzuführen sein.


Ein weiteres Versuchsfahrzeug war der 250 GT SWB #2053GT, auf welchem sich „wild Willy“ Mairesse und Stirling Moss als Testfahrer auszeichneten. Das Fahrzeug wurde 1962 mit einer schnittigen und flachen Karosserie von Drogo und Neri & Bonaccini  ausgestattet und nahm so am Training zu den 24 h-Rennen von Le Mans 1963 teil.

Ferrari Days
Ferrari days

Die ersten GTO

Die treibenden Kräfte beim Bau des GTO waren Giotto Bizzarrini und Carlo Chiti. Allerdings kam es im November 1961 zu einer unerfreulichen Auseinandersetzung zwischen Ferrari und seinem leitenden Personal. Chiti, Bizzarrini und auch Rennleiter Tavano sowie weitere Ingenieure mussten gehen. Die meisten dockten bei der Scuderia Serenissima an, wo der ATS gebaut werden sollte. Dort entwarfen sie als „Gegen-GTO“ den Ferrari 250 GT SWB „Breadvan“, ein Auto mit „Kamm-Heck“. Der Alte war not amused und Serenissima bekam erst einmal keinen eigenen GTO (die Scuderia kaufte sich dann einen „gebrauchten“). Auch der „Breadvan“ verfügte, wie die oben genannten SWB-Umbauten, noch über ein 4-Gang-Getriebe, was insbesondere bei den schnelleren Strecken als Nachteil empfunden wurde.


Neuer Chefingenieur bei Ferrari wurde Ende 1961 Mauro Forghieri. Unter seiner Ägide wurde der erste GTO (#3223GT) vollendet und im Dezember 1961 von Mairesse getestet. Eine Besonderheit des Autos war das glatte, abfallende Heck, das – ebenso wie beim zweiten GTO – noch keinen Heckspoiler aufwies.


Die Erfindung des Spoilers wird Richie Ginther zugeschrieben. Er teste 1961 einen Dino-Prototypen. Um das unruhige Heck zu stabilisieren, empfahl Ginther, der Erfahrung aus dem Flugzeugbau mitbrachte, am Heck ein überstehendes Stück Blech anzunieten. Der Erfolg war durchschlagend. Forghieri hatte noch das zweifelhafte Vergnügen, einen GTO ohne Spoiler zu testen. Seitenwind beendete die Fahrt in der Leitplanke.


Der Motor der GTO war direkt vom Testa-Rossa-Prototypen abgeleitet. Er hatte eine Trockensumpfschmierung und konnte tiefer als beim SWB eingebaut werden. Bei 3 l Hubraum wurde die Leistung mit 300 PS bei 7500 U/min angegeben. Das Triebwerk verkraftete klaglos Drehzahlen von über 8000 U/Min. Der GTO war der erste GT mit einer Literleistung von mehr als 100 PS/l.

Unterschiedliche TypenHeck


Als GTO gelistet werden insgesamt 39 Fahrzeuge ohne die oben angeführten Vorgänger. Drei Autos hatten einen 4 l-Motor, waren also 330 GTO. Sie hatten alle drei die Karosse des GTO/1962 mit einem etwas längeren Radstand und einer größeren Beule auf der Motorhaube. Das lag daran, dass der 4 l-Motor mit seinen Vergasern höher baute. Einer der 330 GTO (#3765LM) wurde 1964 mit einem 3 l-Motor ausgerüstet und nahm im Folgejahr als 3 l-GT erfolgreich an Rennen teil.


Die 36 „richtigen“ GTO sind nicht einheitlich: #4713GT erhielt eine bei Scaglietti gefertigte Pininfarina-Karosserie im Stile der Superamerica-Ferraris. Das Auto ähnelte den 330 LM Berlinetta, von denen es vier Stück gab, die aber nicht als GTO geführt werden. Das Fahrzeug wird daher manchmal als 250 GTO LMB bezeichnet.


Die letzten drei GTO (#5571GT, #5573GT und #5575GT) wurden 1964 gebaut und hatte eine andere Karosserie. Diese war flacher, auch die Frontscheibe stand nicht mehr so steil, der Motor lag tiefer, die Fronthaube war glatt oder hatte eine offene Hutze, das Heck erinnerte an den 250 LM. Nach Unfällen wurden die GTO/62 mit den Fahrgestellnummern #3413GT, #4091GT, #4399GT und #4675GT im Stile des GTO/64 wieder aufgebaut. David Piper hatte 1963 bei seinem #4491GT zur Verbesserung der Aerodynamik das Dach deutlich tiefer gelegt.


Last not least: Der vierte GTO (#3445GT), der lange Zeit dem Schweden Ulf Norinder gehörte (daher auch die Lackierung: blau mit gelbem Kreuz), wurde 1965 von Drogo rekarosseriert und erhielt eine „Luxusausstattung“, u. a. mit Stoßstangen. Die Front erinnerte an den 275 GTB, das Heck mehr an den Maserati Ghibli. Heute ist der Wagen wieder im alten Stil in schwedischen Farben restauriert worden.


Noch kurz drei Details:

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern hatte der GTO eine 5-Gang-Schaltung. Es gab verschiedene Achsübersetzungen. Der Wagen sollte ja nicht nur in Le Mans, sondern auch bei der Tour de France und bei Bergrennen eingesetzt werden. Die Übersetzungen ermöglichten Höchstgeschwindigkeiten zwischen 208 und 283 km/h.


Normal war eine Vierfach-Auspuffanlage mit zwei Doppelrohren unter den Hecklichtern. Der Klang war gigantisch. Einige Rennversionen wurden mit Sidepipes eingesetzt. Voraussetzung war hier allerdings, dass der Fahrer schon vorher halbtaub sein musste – sonst war er es hinterher.


Ein weiteres markantes Merkmal des GTO: Die Hinterräder sind größer als die Vorderräder.


Alle GTO hatten übrigens eine Straßenzulassung! Ansonsten gilt: Als handgefertigtes Fahrzeug unterscheidet sich jeder GTO vom anderen: unterschiedliche Kühlergröße, Form der Lufteinlässe in der Front, Position der Blinker und Zusatzleuchten sowie der Hecklichter, Form der Türklinke, aufgenieteter oder in die Karosserie integrierter Heckspoiler, beim GTO/64 dann noch: C-Säule, Dachspoiler und Hutze auf der Fronthaube. Serienmäßig wurde der GTO/62 mit jeweils zwei Entlüftungsschlitzen hinter den Vorderrädern hergestellt. Einige Besitzer haben zur besseren Belüftung einen dritten Schlitz hinzugefügt, wie er beim GTO/64 serienmäßig ist. Sollte es zwei identische GTO geben, ist einer vermutlich eine Replica des anderen…

Ganz unten in der Trickkiste des Enzo Ferrari

Der interessierten Leserschaft wird vielleicht noch erinnerlich sein, dass für eine Homologierung des Autos eine Stückzahl von 100 pro Jahr erforderlich war. 36 Stück, dazu noch gebaut in drei Jahren, erfüllt dieses Kriterium offensichtlich nicht.

Ferrari argumentierte, der GTO sei eine Fortentwicklung, also eine Sonderversion des 250 GT SWB. Und von diesem Typ würden mehr als 100 Stück existieren. Konsequent stellte er am 24. Februar 1962 bei seiner jährlichen Pressekonferenz in Maranello seine Neuheit mit der Fahrgestellnummer #3223GT als „Ferrari 250 GT Berlinetta Competizione“ vor. Die Konkurrenz wollte das nicht einsehen, die honorigen Herren der CSI, die eine dehnbare Lücke in ihrem Reglement befürchteten, allerdings schon.

Um zu untermauern, dass das neue Auto „nur“ eine Fortentwicklung des alten SWB ist, wurde dessen Chassis übernommen. Das machte es erforderlich, dass die Hinterräder an einer blattgefederten Starrachse geführt werden – eine Aufhängung, die seinerzeit nicht mehr dem Stand der Dinge entsprach. Die Blattfedern dienten allerdings nur der Längsführung: Die Ingenieure hatten sicherheitshalber Schraubenfedern und ein Watt-Gestänge mit eingebaut.

Und damit allen klar war, dass es sich um einen völlig legalen 250 GT handelte, wurde in den Fahrzeugpapieren zu den ersten Rennen ausgeführt: 250 GT omologato. Homologiert.

So wurde aus einem 250 GT der 250 GTO.

GTO im Renneinsatz

Kam, sah, siegte

Während der erste GTO (#3223GT) noch auf Autoshows und Testfahrten zu bewundern war, war der zweite (#3387GT) bereits fertig gestellt worden. Damit er nicht gleich auffiel, wurde er in einer Tarnfarbe lackiert: hellblau metallic. So tauchte der Wagen am 24. März 1962 in Sebring auf, um an seinem ersten Rennen, den 12 h von Sebring, teilzunehmen. Kurz vor dem Rennen war noch ein Heckspoiler montiert worden, der hier allerdings etwas kleiner ausfiel als bei den späteren „Serienfahrzeugen“. Der Bedeutung angemessen hatte die Scuderia entschieden, ihre beiden besten Endurance-Piloten nicht in einen Prototypen zu setzen, sondern sie den vom NART gemeldeten GTO fahren zu lassen. Der Auftrag lautete: Zeigt, was der Wagen kann, aber macht ihn nicht kaputt. Phil Hill und Oliver Gendebien erfüllten die Aufgabe in gewohnter Manier. Mitten im Prototypenfeld kam der GTO hinter einem Ferrari 250 Testa Rossa nach 12 Stunden als Zweiter ins Ziel und sicherte damit den Sieg in der GT-Klasse. Für Ferrari bedeutete dies die volle Punktzahl im Kampf um die Weltmeisterschaft.


Der fünfte GTO (#3451GT) in der geschmackvollen Farbgebung braun mit weißem Dach nahm am nächsten Rennen teil, der 46. Targa Florio. Die Ausfallquote war hoch. Scarlatti und Ferraro kamen, wiewohl sie mit ihrem Auto von der Piste geraten waren,  mit über 20 Minuten Vorsprung vor dem nächsten GT, einem SWB, ins Ziel. Geschlagen wurden sie nur von drei Prototypen, die zum Teil 400, 500 kg leichter waren. Dass auf der Targa viele PS nicht zählen, bewiesen Hans Herrmann und Herbert Linge im 1,6 l-Abarth-Porsche, der nur knapp 2 Minuten hinter dem 250 GT SWB als Sechster eintraf.


Weniger glücklich verliefen die 1000 km auf der Nordschleife. Zwar lagen die teilnehmenden GTO lange Zeit in Führung und konnten Zeiten von unter 9:50 hinlegen, schieden dann aber mit Defekten aus. Anzumerken ist hier: Der GTO war im Grunde genommen kaum kaputt zu kriegen. Die Mechanik war in den SWB- und LWB-Typen und der Motor in den seit 1957 eingesetzten Testa-Rossa-Sportwagen erprobt worden. So ermöglichte der Ausfall der GTO den Lokalmatadoren einen feinen GT-Sieg: Nöcker und Seidel gewannen. Nein, nicht auf Jaguar, sondern auf einem Ferrari 250 GT SWB. Das Rennen wird in Erinnerung bleiben als jenes, in welchem der große Jim Clark in dem kleinen Lotus 23 mit 1,5 l Hubraum und 420 kg Kampfgewicht der Konkurrenz so etwas von um die Ohren fuhr, dass man noch heute darüber redet. Die Jim-Clark-Show endete in der 11. Runde mit gebrochenem Auspuff und anschließendem Abflug.


Ein Ferrari-Großaufgebot kreuzte dann zur üblichen Jahreszeit in Le Mans auf: neben sechs GTO auch noch der vom NART eingesetzte Sperimentale (#2643GT) und ein 4 l-GTO (#3765LM). Auffällig waren hier bei den 250 GTO Änderungen am hinteren Kotflügel. Bei einigen Fahrzeugen wurde der Luftauslass mit einer Gitterbox versehen. Dieses Detail findet sich u. a. bei den Fahrzeugen von Guichet  (#3705GT, Nr. 19) und der Ecurie Francorchamps (#3757GT, Nr. 22). Die Konkurrenz bestand aus Katzen (E-Type), Astons DB 4 GTZ sowie einem Austin-Healey 3000 und einer Vette mit extremen Außenseiterchancen. Der Kampf wurde übermäßig hart geführt. Von 55 Autos kamen 18 ins Ziel. Bei den Protos begann das große Sterben rasch. Maserati hatte schon nach kurzer Zeit den obligaten Totalausfall hinzunehmen, bei Aston Martin kamen die Protos (wie auch die GT) nicht über die Halbzeit hinaus. Die Dinos schafften es bis zum Vormittag. Von allen eingesetzten Ferraris hielt einer durch – der allerdings gewann mit einer rutschenden Kupplung und den üblichen Verdächtigen am Volant: P. Hill und Gendebien. Damit schlug die große Stunde der GT. Und Ferrari gab den Jaguars mächtig eins aufs Haupt. Noblet und Guichet kamen mit einem Vorsprung von 13 Runden als Gesamtzweite und Erste der GT-Klasse ins Ziel mit einer Distanz, die 125 km länger war als der bisherige GT-Rekord. Den hatten Noblet und Guichet im Vorjahr mit einem SWB aufgestellt. Die Ecurie Francorchamps konnte ihr Fahrzeug auf dem dritten Gesamt- und damit dem zweiten GT-Rang platzieren und sicherte somit den GTO-Doppelsieg. Erst dann trudelten Cunningham und Sargent mit ihren E-Types ein vor dem „alten“ NART-GTO (#3387GT). Der vom Werk gemeldete Sperimentale (#2643GT) schaffte trotz seines diffizilen Fahrverhaltens Platz 9, geschlagen allerdings von dem kleinen 1,2 l-Lotus Elite von Hobbs und Gardner. Der GTO hatte sich bereits im Training mit einer Zeit von 4:08 als Schnellster erwiesen und konnte derartige Zeiten auch im Rennen abliefern – gegenüber 4:13 und 4:14 der Katzenfraktion.


Da in der FIA-WM nur die besten fünf Resultate gewertet wurden, hatte Ferrari nach dem fünften Sieg im fünften Rennen bereits die volle Punktzahl erreicht und konnte nicht mehr eingeholt werden. Das bedeutete jedoch nicht, dass der GTO jetzt der Konkurrenz das Feld überließ! Auch in den verbleibenden vier Rennen gab es noch vier GTO-Siege.

Die Scuderia Serenissima hatte inzwischen einen GTO erwerben können, was sich als Glücksgriff erwies: Mit dem Auto siegte Abate auf dem Charade-Kurs.


Die Tourist Trophy in Goodwood wurde zu einer ziemlich traurigen Angelegenheit für alle, die nicht GTO hießen. Und für alle, die John Surtees hießen. Big John führte jedenfalls in seinem GTO recht komfortabel, als er Jim Clark im Aston Martin zu überrunden versuchte. Jimmi machte auch Platz, kam aber – man muss es leider sagen – mit seinem Auto ins Schleudern, und so kegelten sich die beiden späteren Weltmeister gegenseitig raus. Graham Hill, ein weiterer Weltmeister, legte einen großen Auftritt hin, als er trotz ölverschmierter Frontscheibe bis auf vier Sekunden an den führenden Innes Ireland heranfuhr. Zuvor hatte er Mike Parkes überholen können, als dieser einen Dreher hinlegte. Ireland hatte übrigens im Training seinen Wagen bei einem Abflug in die Böschung stark verbeult. Den verzogenen Rahmen ließen die Mechaniker aus Zeitgründen so, wie er war… Am Ende wehte ein dreifacher Union Jack – für drei britische GTO-Fahrer. Salvadori wurde mit dem E-Type Vierter vor David Piper in seinem privaten GTO.


Deutlich weniger GTO waren in Bridgehampton am Start: NART meldete die ältesten Fahrzeuge, die zu kriegen waren: #3223GT und #3387GT. Ergebnis: Doppelsieg. Wie Bob Grossman dieses Rennen gewinnen konnte, gehört allerdings auch in die Kategorie „mittleres Wunder“. Er hatte am Vortag ein GT-Rennen mit einem Abarth gewonnen und diesen Sieg gebührend gefeiert, bis ihm einfiel, dass er am nächsten Tag noch den GTO fahren sollte, möglichst nüchtern….


Abgeschlossen wurde die Saison mit den 1000 km von Montlhéry. Die privaten Teams hatten sich inzwischen mit GTOs eindecken können: Acht GTO gingen an den Start, dazu der „Breadvan“. Zum letzten Male leuchtete hell der Stern der Rodriguez-Brüder, mit dem NART #3987GT. Sie landeten einen überlegenen Sieg. 11 Tage später verunglückte Ricardo tödlich beim Großen Preis von Mexico. Surtees und Parkes wurden in Montlhéry Zweite, während der Breadvan mit einem dritten Platz ein schönes Ergebnis einfahren konnte. Es folgten zwei GTO, ein SWB, dann viel Luft, dann ein Porsche. Jim Clark im Aston schied noch im ersten Rennviertel aus.


Zu erwähnen ist noch ein Rennen der besonderen Art: die Tour de France. Dieses Rennen wurde erstmals 1899 ausgetragen, und zwar entgegen einer landläufigen Meinung als Auto-Rennen. Ferrari spielte in der Veranstaltung eine herausragende Rolle, denn die Roten aus Maranello stellten seit 1956 den Sieger, als seinerzeit Alfonso de Portago in einem 250 GT LWB Stirling Moss im Mercedes 300 SL schlagen konnte. Der Ferrari erhielt daraufhin den Ehrennamen „TdF“. 1962 führte die Veranstaltung über mehr als 5.000 km. Es waren acht GTO nebst weiteren Ferraris am Start. Die verschiedenen Rennen wurden von den GTO-Fahrern mit aller Härte geführt, eher eine Tortur de France. Schlesser/Oreiller vergruben gleich zu Anfang in Le Mans ihren GTO im Sandwall der Mulsanne, als drei GTO nebeneinander liegend durch die Kurve wollten. Im Kampf um die Führung kollidierten Abate und Guichet in Clermont-Ferrand in der Boxengasse. Abate war draußen, Guichet konnte weiterfahren, hatte aber eine beschädigter Spurstange und verunfallte damit auf einer Zwischenetappe. So gelangte Berney in Führung, bis die Antriebswelle brach. Damit wurde Lucien Bianchi Erster, der zurückhaltend fuhr und nur in einem Bergrennen mit seinem privaten GTO einen Sieg landen konnte. Das Schicksal ereilte ihn vor dem letzten Rennen in Gestalt eines Milchlasters auf dem Weg nach Reims. Bianchi hatte einen Vorsprung von Ewigkeiten, aber nach dem Unfall musste dem GTO die Front und der gesamte rechte Kotflügel entfernt werden. Der Wagen konnte zwar noch fahren, der Veranstalter ließ ihn aber mangels Beleuchtung nicht mehr zum weiteren Rennen zu. Oreiller und Schlesser hatte sich inzwischen mit mehreren Siegen nach vorne gekämpft und lagen nun auf Platz zwei. Der Sieg ging an André Simon – auf seinem alten 250 GT SWB. Die GTO waren geschlagen und belegten die Plätze 2, 3 und 4. Der Sieg allerdings blieb in der Familie.


In den nationalen Serien war der GTO schnell das Maß aller Dinge. Edoardo Lualdi gewann souverän die italienische GT-Meisterschaft. Parkes war auf der Insel in dem #3589GT von Maranello Concessionnaires kaum zu schlagen.

Maranello vs. Texas: 1:0

Zur Saison 1963 hatte die Konkurrenz mächtig aufgerüstet. Jaguar entsandte die ligthweight-Version des E-Type. Aston Martin brachte nicht nur den DB 4 GTZ, sondern als Derivat den DP 214. Dieses Auto war vom GTZ abgeleitet, existierte zwar nur in zwei Exemplaren, wurde aber – siehe oben – als GT anerkannt. In den USA starteten unzählige Corvetten, die aber zu den meisten europäischen Rennen nicht antraten. Und dann war da noch der Latzhosenträger aus Texas… Er hatte in einem eigentlich schon etwas antiquierten englischen Roadster einen Ford-V 8-Motor eingebaut. Von der Leistung lagen die Protagonisten auf einem Niveau, wobei die hubraumstärkere Konkurrenz im Laufe der Zeit noch Pferde finden konnte, während der GTO mit seinen 300 PS ausgereizt war. Der Cobra hatte dank des geringen Gewichts Vorteile beim Beschleunigen und auf engen Kursen. Auf schnellen Strecken wurde der Wagen von seiner Aerodynamik geschlagen – diese Lektion hatte Enzo Ferrari inzwischen gelernt.

Pedro Rodriguez begann die neue Saison, wie er die alte beendet hatte: Mit einem souveränen Sieg bei den 3 h von Daytona – und dies trotz einer Zeitstrafe. Roger Penske wurde Zweiter. Die Corvette-Armada ging unter: 3. Platz, aber neun Ausfälle. Das Debüt des Cobra war von Pech gekennzeichnet. Lange schlug sich der von McDonald gefahrene Wagen mit dem GTO von Penske um Platz 2. Dann platzte ein Kühlwasserschlauch. Das hätte er mal besser nicht getan: Cobra fiel zurück auf Platz 4, Holzmedaille. Das Rennen in Daytona wurde als reines GT-Rennen ausgetragen.


Roger Penske hielt sich dann in Sebring schadlos, wo er gemeinsam mit Augie Pabst den GTO auf Platz 1 der GT-Klasse steuerte. Den Gesamtsieg bei den 12 h sicherten sich die neuen Ferrari 250 P-Prototypen. Hinter Penske kam dann erst einmal lange Zeit nichts und dann zwei weitere GTO mit Abate/Bordeu und Ginther/Ireland, die heftig um den 2. Platz duellierten, bis ein Defekt der Zweitgenannten den Kampf zugunsten der Ersteren entschied. Beide GTO lagen eine Runde vor den beiden E-Type lightweights. Shelbys Cobra sah in diesem Rennen trotz versierter Piloten (u. a. Phil Hill und Ken Miles) etwas älter aus, konnte zwar im inneramerikanischen Duell die GM-Kollegen abbürsten, musste sich allerdings zwei Porsche Carrera Abarth geschlagen geben.

Diese Schadenfreude musste noch schnell untergebracht werden, denn bei der Targa Florio erwischte es Ferrari in gleicher Weise: Schnellster GT war der kleine Abarth-Porsche mit Linge und Barth, die den GTO von Grana und Bulgari (#3413GT) um 12 Sekunden abhängen konnten, als in der letzten Runde Regen einsetzte. Für Ferrari blieb der Sieg in der großen GT-Klasse. Dort gingen auch die nächsten vier Plätze an den GTO, bevor sich der erste E-Type platzieren konnte.


Neu war der Große Preis von Spa, ein 500 km-Rennen für GT. Nicht neu war der Sieger: Mangels anderer Fahrzeuge in der Klasse über 2 l Hubraum war der Ausgang des Rennens klar. Wild Willy Mairesse konnte sich auf heimischem Geläuf mal als richtig wild erweisen und siegte mit ½ Minute Vorsprung mit dem GTO der Ecurie Francorchamps vor den GTO von Guichet und Jo Siffert. Die Plätze 4 und 5 blieben für die Ferrari SWB, beide mit einer speziellen Karosserie von Drogo (#2053GT und #2735GT).

Eine Woche später fand das 1000 km-Rennen auf dem Nürburgring statt. Im Training schafften die GTO Zeiten von 9:52 und schneller, der E-Type lightweight immerhin eine 9:57. Dennoch gehörte die große Show Lindner und Nöcker in ihrem Jaguar, die nach einem flinken Le-Mans-Start die 1. Runde in Führung liegend beenden konnten – vor der versammelten Prototypenmeute! Kurz nach Rennhalbzeit hatte die Jaguar-Herrlichkeit ein Ende, als der Öldruck auf der Fahrbahnoberfläche zu finden war. Noblet und Guichet lagen in Noblets GTO im Ziel 9 Minuten hinter den Werksfahrern Surtees und Mairesse, die den Ferrari-Prototypen 250 P steuerten. Porsche konnte erneut seinen Abarth weit vorne platzieren, vor mehreren SWB und GTO. Der kleine Lotus Elite erreichte einen feinen 9. Gesamtplatz und den Sieg in der Untergruppe der 1,3 l-Fahrzeuge. Für die E-Types sprang nur der 16. und 18. Platz heraus.


Mitte Juni: Le Mans. Ferrari trat mit 3 echten GTO und dem 250 GTO LMB #4713GT an. Die Fahrzeuge erzielten im Training Zeiten von 4:06, 4:07. Das konnte der schnellste lightweight-Jaguar auch gehen, während die Aston Martin GTZ und die Cobras im Bereich von 4:10 bis 4:13 lagen. Die Cobras waren mit einem Hardtop versehen worden, was ihre Aerodynamik nicht wirklich verbesserte. In der Zeitentabelle vorne lagen – die Aston Martin DP 214, eigentlich Prototypen, die aber als GT homologiert worden waren. McLaren und Ireland schrammten an der 4.00-Schallmauer vorbei. Im Rennen war die Aston-Armada nach 6 Stunden um ¾ reduziert, der verbliebene Wagen schaffte es nur wenig weiter. Bei Ferrari erwischte es ausgerechnet den Werks-GTO mit Abate und Tavano, der in Führung liegend nach Unfall ausschied. Die anderen drei fuhren relativ problemlos durch und mischten das Prototypenfeld auf: Die Ecurie Francorchamps verzeichnete ihren größten Erfolg überhaupt: „Beurlys“ und Langlois van Ophem fuhren von Platz 28 auf Platz 2 vor und konnten den Werks-Prototypen mit Parkes und Maglioli um wenige Meter schlagen. Eine Runde zurück als Gesamtvierter erreichten Dumas/„Eldé“ das Ziel und sicherten dem belgischen Team einen Doppelsieg beim größten Sportwagenrennen der Welt! David Piper und Masten Gregory im 250 GTO LMB, der von NART gemeldet worden war, vervollständigten das Podium. Sie hatten am frühen Morgen lange Zeit als Gesamt-Dritte die GT-Wertung angeführt, dann aber Probleme mit der Lichtmaschine und mit der Sandbank in der Arnage bekommen, in welcher Gregory den Wagen versenkte. 2 Runde zurück konnte sich der Cobra immerhin den Platz vor dem einzig verbliebenen lightweight-E-Type von Cunningham sichern. Legendär war dann die Siegesfeier der Ecurie: Nach der Pokalübergabe und einem kleinen Umtrunk schraubten sie ihre Nummernschilder an die ungewaschenen GTO und zogen los Richtung Paris, machten in der Roten Mühle einen drauf und fuhren am Dienstag weiter nach Brüssel – in ihren GTOs, versteht sich. Das sind die Geschichten, die den Mythos des GTO manifestieren: Rennen fahren, Pokal einpacken und Brötchen kaufen. Sektflasche nicht vergessen.

Auvergne-Trophy auf der Charade: Schnellste im Training waren die kleinen Lotus 23 B-Sportwagen. Abate im GTO (#4757GT) gelang das Kunststück, sich vor Lorenzo Bandini zu qualifizieren, der einen Testa-Rossa-Prototypen fuhr. Beim Start würgte dann Abate den Motor ab… Er gewann dennoch die GT-Wertung, während Bandini den Gesamtsieg einstrich.


John Coombs fuhr zur Tourist Trophy in Goodwood zweigleisig: Er setzte zwei GTO und einen E-Type ein. Nach dem Rennen war er schlauer. Graham Hill im GTO (mit Sidepipes!) und Innes Ireland im Aston Martin kämpften rundenlang um die Führung, bis sie sich gegenseitig von der Piste kegelten. Beide konnten weiterfahren, aber Parkes im zweiten Coombs-GTO hatte inzwischen die Führung übernommen. Wenige Runden später trafen sich die Protagonisten erneut: Hill hatte inzwischen auf Parkes aufgeschlossen, und beide versuchten, Ireland zu überrunden. Hill nutzte die Chance und überholte beide, während Parkes hinter Ireland hängen blieb. Als Hill an die Boxe musste, konnte Parkes sich einen Vorsprung von knapp einer Minute herausfahren. Graham Hill drehte dann auf, während Parkes – vermutlich weisungsgemäß – verlangsamte: Hill gewann mit 0,4 Sekunden Vorsprung. Der E-Type kam auch ins Ziel.


Eine böse Pleite erlebte der GTO ausgerechnet beim Coppa Inter Europa – in Monza. Parkes im GTO kämpfte mit Roy Salvadori im Aston Martin DP 214 um den Sieg. Am Ende hat der US-Amerikaner knapp die Nase vorne. Gleiches ereignete sich beim Kampf um Platz 3, den sich Lucien Bianchi, vom GTO auf DP 214 umgestiegen, vor David Piper im GTO sicherte. Die Fans allerdings feierten Salvadori und Bianchi – die sie vermutlich für Italiener hielten…


In Bridgehampton mussten dann die Italiener erfahren, was 1964 Konturen annahm: Viele Cobras sind des Pferdchen Tod. Fünf Schlangen traten an. Drei fielen aus. Die beiden letzten machten mit Gurney und Miles den Doppelsieg unter sich aus. Noch schlimmer war: Dahinter platzierten sich Briggs Cunninghams E-Types… Und dann noch private Corvetten…  Hayes und Grossman brachten den Uralt-GTO (#3223GT) auf einen 10. Platz, der zweite GTO fiel aus.


Mit geschicktem organisatorischen Talent war zeitgleich zum Rennen in Bridgehampton die Tour de France gelegt worden: Zwei WM-Rennen auf zwei verschiedenen Kontinenten zur selben Zeit!! Hier hielten sich die GTO-Fahrer schadlos. Es traten sechs GTO (incl. des GTO LMB) und zahlreiche SWB an, einschließlich des Drogo-Specials (#2735GT). Viele Wagen fielen aus, darunter auch vier GTO und z. B. der BMW 700 S mit der Startnr. 1 und Georges Harris und Jacky Ickx am Steuer. Die verbleibenden GTO machten den Sieg unter sich aus. Guichet und José Behra fuhren taktisch clever und sicherten sich den Sieg. Lucien Bianchi, der Pechvogel des Vorjahres, hatte dieses Jahr unverschämtes Glück im Unglück, denn nach einem neuerlichen Unfall und schweren Beschädigungen stand sein GTO erneut vor der Disqualifikation. Am Ende sicherte er sich Platz zwei vor Consten und Renel auf Jaguar – dem Mark 2, wohlgemerkt.


Bestandteil der WM waren auch mehrere Bergrennen. Hier war Ferrari in der großen Klasse nicht zu schlagen – in Ermangelung jeglicher Konkurrenz. Vermerkt werden muss allerdings, dass der GTO keine Chance hatte gegen den Abarth-Porsche oder gar gegen den Abarth-Simca 1300, auch ein als GT homologierter verkappter Rennwagen mit Heckmotor und entscheidenden Gewichtsvorteilen.


In der britischen GT-Meisterschaft gab der GTO den Ton an, auch wenn der lightweight E-Type auf einigen winkligen Kursen Paroli bieten konnte. Die führenden britischen Teams setzten jedenfalls auf den GTO.

Maranello vs. Texas: Der große Showdown

1964 trat Carroll Shelby mit dem Vorsatz an, es heuer den filigranen Kunstwerken aus bella Italia mal mit robuster US-Mechanik so richtig zu zeigen. Der Cobra Roadster war zu einem Daytona Coupé „weiterentwickelt“ worden, der mit ca. 380 PS deutlich mehr Cavalli hatte als der GTO. Vom Gewicht und der Endgeschwindigkeit her lagen beide Protagonisten ungefähr gleich auf. Die Karosserie des Daytona-Coupés wurde übrigens in Modena hergestellt… Ein weiterer Gegner erwuchs den großen GT aus der kleineren Klasse: Porsche setzte den 904 GTS ein. Das Auto hatte zwar „nur“ 2 l Hubraum und 180 PS, aber mit 650 kg einen Gewichtsvorteil von 300 – 500 kg. Dazu kam dann eine ausgesprochene Agilität durch den Mittelmotor. Auf winkligen Kursen erwies sich der „underdog“ als höchst konkurrenzfähig.

Die einzelnen Rennen wurden unterschiedlich gewichtet, wobei es für den Sieg in Le Mans die meisten Punkte gab. Ferrari brachte die drei letzten GTO heraus, die von ihrer Karosserie her dem 250 LM ähnelten bzw. ähneln sollten.

Daytona hatte sich bisher immer als Ferrari-Land erwiesen. Das Rennen im Jahre 1964 wurde nicht mehr als 3 h-Veranstaltung ausgetragen, sondern über 2.000 km. Die anfangs führenden Cobra Daytonas erlebten ein Debakel und fielen mit technischen Gebrechen aus. NART hatte den ersten GTO/64 (#5571GT) eingesetzt, mit Pedro Rodriguez und Phil Hill. Die beiden hatten zwar nach einem Reifenplatzer mit integriertem Mauerkuss einen längeren Boxenaufenthalt hinzunehmen. Aber Pedro Rodriguez konnte am Ende den Vorjahreserfolg souverän wiederholen. Piper und Bianchi wurden Zweite, der GTO LMB mit Hansgen und Grossman Dritter, Norinder und Cannon Fünfte. Für Shelby blieb nur die Holzmedaille sowie die Genugtuung, die Corvetten ordentlich gebürstet zu haben. Der GTO hatte damit auch das dritte Rennen in Daytona gewonnen: 1962 der GTO-Prototyp, 1963 ein GTO/62 und 1964 der nagelneue GTO/64. Der GTO nahm damit 1964 vorweg, was der wunderschöne 330 P 4-Prototyp drei Jahre später in einem legendären Finish zeigen sollte: einen glatten 1-2-3-Erfolg!

Die Revanche der Texaner erfolgte umgehend. In Sebring konnte Ferrari zwar mit seinen Prototypen das komplette Podium besetzen. In der für die WM maßgeblichen GT-Klasse allerdings sicherte sich Shelby alle drei Podiumsplätze, wobei das siegreiche Daytona-Coupé den GTO/64 bereits im Training um 10 Sekunden distanzieren konnte. Der Daytona-Sieger kam mit der ungewöhnlichen Fahrerkombination Piper, Gammino und Rodriguez auf den vieren Platz. Guichet und Abate im zweiten Werks-GTO (#5573GT) wurden wegen Inanspruchnahme unerlaubter Hilfe disqualifiziert. Die privat gemeldeten GTO/62 landeten unter „ferner liefen“.


Die europäische Saison begann mit der Targa Florio. Ferrari nahm den von Shelby hingeworfenen Fehdehandschuh auf und setzte einen Werks-GTO ein, und zwar den auf GTO/64 umgerüsteten alten #4675GT. Guichet gelang eines seiner besten Rennen. Er verbesserte gleich mehrfach den Rundenrekord für GT-Fahrzeuge und übernahm die Führung im Gesamtklassement! Dann ging dem Co-Fahrer Carlo Facetti das Getriebe ein. Und weil sich bei den Prototypen das Sterben fortsetzte, kam es zu einem überraschenden Doppelsieg für den Porsche 904 GTS und zwei mindestens genauso überraschenden Verfolgern in ihren Alfa Romeo Giulia TZ. Dann erst konnten Taramazzo und Ferlaino ihren GTO/64 platzieren und die volle Punktzahl für die Division III abfassen, während der einzige überlebende Shelby auf Platz 8 eintrudelte – vor der restlichen GTO-Meute.

In Spa sollte nichts anbrennen. Es war das größte GTO-Feld aller Zeiten gemeldet: 11 Autos, dazu zwei Drogo-Berlinettas. Mike Parkes erzielte im umgebauten GTO/64 (#4399GT) mit 4:09 die schnellste Quali-Zeit, allerdings dicht gefolgt von Phil Hill im Daytona-Coupé. Beim Start ging der Shelby ab wie Schmitz’ Katze, um bereits nach wenigen Kilometern von Problemen mit der Benzinzufuhr eingebremst zu werden. Mike Parkes ging vorbei und ward nicht mehr gesehen. Für Ferrari gab es einen überragenden Triumph: Platz 1 – 4, dazu noch hinter einem 904 GTS den 6. Platz. Für Cobra blieben Platz 9 und 11, für die privat gemeldeten lightweight-Katzen, die im Training durchaus überzeugen konnten, die Plätze 10 und 12. Der Drogo #2053GT wurde bei einem Unfall leider final zerlegt. Auch der kapriziöse Drogo #2735GT erreichte das Ziel nicht, ebenso die wieder reaktivierten Aston Martin DP 214.


Die Schärfe, die die Meisterschaft inzwischen erreicht hatte, lässt sich gut an den 1000 km auf dem Nürburgring ablesen. Während in den Vorjahren die GT selten Rundenzeiten von unter 9:50 erreichten, langte die 9:32,5 von Parkes/Guichet im Werks-GTO/64 (#5573GT) nicht für die Pole. In einem von Regen und tödlichen Unfällen geprägten Qualifying knackten Hitchcock/Thiel mit einem Shelby Cobra Roadster die 9:30-Mauer. Nöcker, der seinen lightweight-Jaguar auch deutlich verbesserte, musste sich mit 9:37,9 zwei Porsche 904 GTS geschlagen geben, die noch schneller waren. Im Rennen nahm das Cobra-Debakel schon früh seinen Lauf, als der Pole Setter die 3. Runde nicht mehr überstand. Ferrari hingegen hatte nur einen Ausfall hinzunehmen: In der 5. Runde schied Troberg auf dem Norinder-GTO durch Unfall aus – Chris Amon als Co-Pilot kam nicht mehr zum Einsatz. Und weil neben den Cobras auch die lightweight-Jaguars früh ins Gras bissen, sahen die Fans am Ende einen deutlichen Sieg von Scarfiotti und Vaccarella im einzigen überlebenden Ferrari-Prototypen, gefolgt von den GTs: Parkes/Guichet im Werks-GTO/64 vor einem Porsche 904 GTS, dahinter der Francorchamps-GTO/64 (#5575GT – der letzte je gebaute GTO) vor einem Prototypen, einem weiteren 904 GTS und dem GTO von David Piper.  Bemerkenswert war noch der 16. Platz, den Hans Herrmann gemeinsam mit Jüttner auf dem Abarth-Simca 1300 Bialbero belegten. Ja, und endlich, auf Platz 23, hinter weiteren Abarth-Simca, fanden sich Jo Schlesser und Dickie Attwood im ersten Shelby Cobra Roadster. An der Fahrerpaarung wird es vermutlich nicht gelegen haben.

Nachdem die Saison derart lässig für Ferrari angefangen hatte, hätte es genauso locker weitergehen können. Tat’s aber nicht. In Le Mans ließ bereits das Training Schlimmstes für die Ferrari-Fans befürchten. Zwar konnten sich die neuen GTO/64 im Vergleich zum Vorjahr noch einmal verbessern auf Zeiten von 4:03 und 4:04. Und auch Nöcker und Lindner katapultierten den lightweight mit über 280 km/h auf knapp unter 4:06. Dass der Aston Martin DP 214 eine Zeit von 3:58 hinlegen konnte, ließ sich ja noch verschmerzen. Denn jeder Ferraristi wusste, dass ein 24 h-Rennen für den DP zu lange dauern würde. Aber die Zeiten der Daytona Cobras waren jenseitig: Bondurant und Gurney mit einer 3:56 und Sears und Bolton mit einer 3:58 waren damit schneller als das schnellste Auto im Feld, der Maserati 151. Entsprechend entwickelte sich das Rennen: Bondurant und Gurney lagen immer unter den ersten 10, mitten im Prototypen-Feld. In der 5. Stunde konnten Ireland und Maggs im GTO/64 von Maranello Concessionnaires für kurze Zeit die Führung übernehmen. Dann war der Cobra wieder vorne. In der 16. Stunde nutzten Tavano und Grossman einen Bremsdefekt der schnellsten Cobra-Piloten, um den  4. Gesamtplatz und die Klassen-Führung einzunehmen. Dann überdrehte Tavano beim Versuch, Gurney zu entkommen, und haute sich zwei Ventile krumm. Der zweite Cobra kollidierte vor Maison Blanche mit einem Ferrari-Prototypen, überschlug sich mehrfach und flog in die Zuschauer. Es gab mehrere Tote in einer Sperrzone. Am Ende schaffte der sicherlich schnellste Wagen, das Shelby Cobra Daytona-Coupé mit Gurney und Bondurant, den vierten Platz im Klassement und damit den Sieg in der GT-Wertung. Still und heimlich hatten sich „Beurlys“ und Bianchi mit dem Francorchamps-GTO von 18 auf 5 vorgearbeitet und wurden Zweite in der Klasse vor Ireland/Maggs im zweiten GTO/64. Grossman und Tavano schafften mit dem angeschlagenen GTO noch den 9. Platz hinter zwei Porsche 904 GTS. Lindner/Nöcker kamen nie richtig „zu Potte“, der zweite E-Type schied, nachdem er zeitweilig 5. in der GT-Klasse war, nach dem ersten Drittel aus. Auch für Aston Martin verlief das Rennen unglücklich: Der DP 214 lag zeitweilig auf einem 3. Platz, verlor aber zu viel Öl. In der 18. Stunde folgte die Disqualifikation wegen unerlaubten Ölnachfüllens. Dennoch verlief für Ferrari das Wochenende erfolgreich: Dreifachsieg im Gesamtklassement mit den Prototypen, der Ford GT 40 wurde schwer geschlagen.


Ein weiteres 12 h-Rennen wurde auf der anerkannt schnellen Strecke von Reims ausgetragen. Auch hier konnten die Daytona Cobras zunächst ihr Leistungsplus ausspielen. Doch Innes Ireland, der von GTO auf Cobra gewechselt hatte, hatte aufs falsche Pferd gesetzt: In Führung liegend warf eine defekte Auspuffanlage den Wagen ins hintere Feld des Klassements. Damit war der Weg frei für Parkes und Scarfiotti im umgebauten GTO/64 (#4399GT) mit deutlichem Vorsprung vor David Piper und Tony Maggs in Pipers modifiziertem GTO (#4491GT). Dahinter kam eine Porsche-Meute ein, wobei sich der Werkswagen von einem argentinischen Kunden-904 schlagen lassen musste. Erst dann war Luft für die lightweights. Wenig Glück hatte der GTO/62 von Norinder (#3445GT). Mit der beeindruckenden Fahrerpaarung Chris Amon und Jackie Stewart reichte es angesichts nicht enden wollender Elektrikmalaisen nur zu Platz 17. Die beiden waren kurzfristig für den Eigentümer eingesprungen, als diesem einfiel, dass er an selbigem Wochenende doch eigentlich heiraten wollte. Gut, man muss Prioritäten setzen können. Den Gesamtsieg sicherten sich mit deutlichem Vorsprung auf die GTO (und auch deutlich schnelleren Rundenzeiten) die beiden 250 LM von Maranello Concessionnaires und NART. Sehr hilfreich war hier ein GT 40-Komplettausfall.


Zur 29. Tourist Trophy in Goodwood waren erstmals Prototypen zugelassen, die erwartungsgemäß das Renngeschehen diktierten. Aber gleich hinter Graham Hill im Ferrari 330 P und David Piper im Ferrari 250 LM klassifizierten sich die Cobra-Fahrer, und zwar in der bemerkenswerten Fahrzeugabfolge: Cobra Daytona mit Dan Gurney, Cobra Roadster mit Jack Sears und Cobra Willment Coupé mit Bob Olthoff. Die GTO-Piloten stellten sich selbst ein Bein. Innes Ireland war führend an einem Unfall beteiligt. In ein schleuderndes Auto fuhr dann Big John Surtees im NART-GTO (#5573GT) hinein und legte sein Auto aufs Dach, um den Rest des Rennens im Krankenhausbett zu verbringen. Ireland schaffte noch den 4. GT-Platz vor dem lightweight von Surgent und Lumsden  sowie den GTO mit Richie Ginther und Tony Maggs.


Da die WM auch verschiedene Bergrennen beinhaltete, hierzu ein kurzer Text: Die Cobras erwiesen sich als sehr konkurrenzfähig. Der GTO hatte nur eine Chance, wenn  versierte Bergrennfahrer in den Lenker griffen, wie zum Beispiel Edoardo Lualdi, der in La Consuma als Gesamtzweiter die GT-Klasse gewinnen konnte. Beide Protagonisten sahen aber in der Regel ziemlich alt aus gegen den Porsche 904 GTS oder den neuen Abarth-Simca 2000 GT, die mit deutlich geringerem Gewicht antraten.


Eine Vorentscheidung in der Weltmeisterschaft konnte bei der Tour de France fallen, seit 1956 eine anerkannte Ferrari-Domäne. Es traten acht GTO-Teams an (darunter ein Werkseinsatz), zwei weitere zogen ihre Nennung zurück, ebenso der GTO LMB. Um dagegen zu halten, setzte Shelby auf drei Daytona-Coupés, dazu kam ein privater Roadster. Angemerkt werden muss, dass die Tour de France bei den Privatfahrern einen Stellenwert genoss, wie etwa das Rennen in Le Mans. 1964 waren an 10 Tagen ca. 6.000 km zurückzulegen, Rundstrecke, Bergrennen, Verbindungsetappen. Der Kampf um den Sieg wurde mit hohem Engagement und einer ziemlichen Härte geführte. Und wie bei den Zweiradlern galt die Rundfahrt als „Tour der Leiden“. Die Ausfallquote betrug 70 %. Besonders leiden musste Carroll Shelby: Seine Ausfallquote lag bei 100 %. Zwar konnten die Daytonas mit so exzellenten Fahrern wie Bondurant, Simon (Sieger von 1962), Neerpasch und Maurice Trintignant (Le-Mans-Sieger 1954) anfangs das Feld gut aufmischen, die ersten drei Prüfungen gewinnen und die Führung übernehmen. Dann fielen sie allesamt kurz vor Halbzeit aus. Damit eröffnete sie die Siegchance für die GTO-Piloten, die diese dann mit Vehemenz zu ergreifen trachteten. Tavano schaffte in Le Mans mit dem Ferrari 9.000 U/Min und damit auch den GTO, Piper/Siffert wurden wegen Nachtankens disqualifiziert, zwei weitere GTO fielen aus. Aber vier kamen durch. Guichet und Bourbon-Parma brachten einen schwer lädierten GTO/62 als Zweite ins Ziel. Dubois/de Montaigu wurde Achte. Die französische Spitzenfahrerin Annie Soisbault-de Montaigu errang den Damenpokal in einem GTO/64 der Ecurie Francochramps (#5575GT) und wurde Neunte im Gesamtklassement. Sie konnte das Rennen in Monza gewinnen, woraufhin einige Herren ziemlich dumm geschaut haben werden. Den ersten Platz allerdings sicherten sich im #4153GT der Ecurie Francorchamps die Belgier Jojo Berger – und Lucien Bianchi. Nachdem Bianchi zweimal dicht vor dem Sieg gestanden hatte, konnte er 1964 endlich den großen Triumph einfahren. Beide Fahrer sollten wenige Jahre später tödlich verunglücken: Berger auf der Nordschleife, Bianchi in Le Mans.

Mit der TdF war die WM zugunsten von Ferrari entschieden. Die letzten beiden Rennen waren bedeutungslos und wurden auch so angegangen: In Bridgehampton konnten die Cobras mitten im Prototypenfeld die Plätze 1 – 6 in der Klasse einfahren und der Corvette deutlich die Grenze aufzeigen. Der einzige GTO (#3387GT) verunfallte bereits im Training und konnte nicht antreten. Bei den 1000 km von Monthléry hingegen traten die Cobras nicht an. Die GTO-Fahrer konnten damit das Podium für sich alleine verbuchen, Vierter wurde ein Porsche 904 GTS vor dem lightweight von Protheroe. Das Rennen wird in Erinnerung bleiben, weil hier die erfolgreiche Karriere des Jaguar-Händlers Peter Lindner endete: Mit dem lightweight-E-Type und einer von Sayer entworfenen Spezialkarosserie kam er auf der nassen Piste vor den Boxen ins Schleudern. Der Wagen kollidierte mit dem Abarth von Franco Patria. Beide Fahrer und zwei Offizielle verloren ihr Leben. Ein bitteres Ende der Saison 1964.

Innenraum




Meines Erachtens muss aber auch beachtet werden, dass die Konkurrenz – E-Type, Aston und Cobra - durch den größeren Hubraum ein besseres Drehmoment hatte. Aston und Jaguar hatten aufgrund der langhubigen Motoren das Problem, dass die Kolben sehr schnell in einen kritischen Geschwindigkeitsbereich gerieten. Hohe Drehzahlen waren Gift. Das führte häufig zu Ausfällen. Der Cobra verfügte über einen gusseisernen Motor, der aber von der Grundform her millionenfach erprobt war. Das Problem war hier eher, dass der Cobra in der Tat giftig war und bereits das Geradeausfahren Probleme bereitete. Der Punch war unvergleichlich, auch weil das Auto leicht war. Der Cobra Daytona hatte eine deutlich verbesserte Aerodynamik, das Fahrwerk war steifer geworden.


Der Drogo-250 GT SWB (#2735GT) wurde von seinen Fahrern als „Miststück“ tituliert – für größere Fahrer zu eng und zu niedrig. Leistung gab es genug, aber die Straßenlage war weder auf dem Niveau des normalen SWB noch gar auf dem Niveau des GTO.

Ein Vergleich mit den Corvetten gibt es nicht. Aber auch hier gilt: Bei annähernd gleicher Leistung hatte der GTO erhebliche Vorteile bei Gewicht und Straßenlage. 1964 hatten die Vetten keine Chance mehr – weder gegen die GTO noch in nationalen Rennen gegen die Cobras.


Die zeitgenössische Kritik


Alan Lis hat in seiner Abhandlung die seinerzeitigen Fahrer und Mechaniker nach ihren Eindrücken befragt. Über das Aussehen muss kein Wort verloren werden, auch wenn zuzugestehen ist, dass der E-Type verdammt gut aussah – mit einer für meinen Geschmack zu schmalen Spur. Die GTO-Fahrer begeisterte die Elastizität des Motors und die Drehfreude. Der GTO hatte ein ziemlich breites Drehzahlband. Gelobt wurde ferner die Standfestigkeit von Motor und Wagen. Dieser Aspekt machte tatsächlich in einigen Rennen der Meisterschaften den entscheidenden Punkt aus. Gelobt wurde das 5-Gang-Getriebe. Hierzu merkten die Piloten des „Breadvan“ an: Der „Breadvan“ war ähnlich leistungsstark wie der GTO, von der Aerodynamik mit dem ausgeprägten Kammheck vielleicht noch ausgefuchster, aber das 4-Gang-Getriebe habe sich auf vielen Strecken als Manko erwiesen. Graham Hill, der GTO und E-Type gefahren war, hielt das 4-Gang-Getriebe des E-Type für besser, wenn er auf winkligen britischen Kurven fuhr. Diesen Eindruck hatte ich auch, als ich während der Ferrari Racing Days 2002 den SWB im Kampf mit dem GTO sah: Am Ende der Zielgeraden hatte der SWB in der Spitzkehre zur Mercedes-Arena leichte Vorteile beim Beschleunigen. Als er hinter dem GTO lag, konnte er aber nur bis auf gleiche Höhe aufschließen. Wenn der GTO-Fahrer dann die Ideallinie hielt, war trotz besserer Beschleunigung nichts zu machen, der Weg außen herum war zu lang.


Heck des GTO















Danach wurde der GTO nur noch sporadisch eingesetzt.

1966, als die 3 l-Formel eingeführt wurde, kam jemand auf die tolle Idee, einen GTO zu schlachten und den Motor in seinen Formel-1-Monoposto einzubauen. Dieses Sakrileg wurde umgehend bestraft, das Projekt war nicht von Erfolg gekrönt. Der Motor war zu schwer und dürfte 1966 von der Leistung her auch nicht mehr auf der Höhe der Zeit gewesen sein.


Im selben Jahr schafften Larry Perkins und Jack Slottag noch einen Achtungserfolg, als sie bei den 24 h von Daytona den allerersten GTO (#3223GT) zu einem Klassensieg fahren konnten – jetzt allerdings homologiert als 3 l-Sportwagen; in Sebring wurde das Auto disqualifiziert, nachdem es von Streckenposten aus dem Kiesbett geschoben worden war.

1967 erreichte Ettmüller noch einen Klassensieg in einem Bergrennen – vor dem 275 GTB/4.


Ende der 60er, Anfang der 70 konnten funktionsfähige GTO als Gebrauchtfahrzeuge für schlappe 10.000 $ erstanden werden – wenn sich denn für diesen Preis ein Käufer gefunden hätte... George Sterner kaufte 1969 den inzwischen ziemlich maladen und abgewrackten GTO #3223GT für die „stolze“ Summe von 2.500 $.


Der Neupreis hatte 1962 deutlich über 70.000 DM betragen. Zum Vergleich: Ein VW Käfer kostete damals 4.500 DM.

Die Geschichte danach…


Die anschließende Geschichte ist schnell erzählt: Enzo Ferrari versuchte ein zweites Mal, die CSI zu übertölpeln. Nachdem sich auch Aston, Jaguar mit dem ligthweight, Shelby und Abarth erfolgreich versucht hatten, wollte Ferrari den 250 LM als modifizierten 250 GT auftischen. Der Motor sei halt ein wenig nach hinten gerutscht, hinter den Fahrer, aber ansonsten sei alles wie ehedem. Dieser Trick zog nicht, der 250 LM blieb ein Prototyp.


Der 275 GTB/C, ein neuer GT in Transaxle-Bauweise, erfüllte zwar die Stückzahlkriterien, war aber werkseitig nicht so weit entwickelt worden, dass er in die Fußstapfen des GTO hätte treten können.


1965 konzentrierten sich die Ferrari-Kundenteams daher weitestgehend auf die P-Prototypen. Die GTO wurden an Privatfahrer verkauft und nicht mehr weiter entwickelt. Bei der Targa Florio sprang noch ein Sieg in der GT-Klasse heraus. In Le Mans schlug der neue 275 GTB/C die Cobras. Am Ende der Saison konnte jedoch Shelby, der massiv von Ford unterstützt worden war, den lange angepeilten Meistertitel für sich und seine Schlangenbrut verbuchen. Die Katzenfreunde hatten wieder nichts zu lachen… Immerhin gelang es Ferrari, bei den Prototypen Ford erneut zu düpieren.









GTO von
                vorn

Um den Mythos des Ferrari 250 GTO anschaulich zu machen, möchte ich am Ende schildern, wie Nick Mason an sein Auto gelangte. Es ist heute häufig mit dem programmatischen englischen Nummernschild „250 GTO“ bei historischen Veranstaltungen zu sehen. Masons Manager hatte ihm den guten Tipp gegeben, das durch Trommeln sauer verdiente Geld in alte und möglichst seltene Autos anzulegen, denn die würden an Wert zunehmen. Anfang der 1980er Jahre sah Mason bei einem Händler den GTO #3757GT, vormals Ecurie Francorchamps, der 1963 mehrere Rennen gewonnen hatte und jetzt drei Entlüftungsschlitze hinter den Vorderrädern aufwies. Wiewohl der Händler einen Preis verlangte, den Mason eigentlich nicht zu zahlen bereit war (Insider sprechen von einem siebenstelligen Betrag, wohlgemerkt: britische Pfund), siegte das Herz über den Verstand. Ohne zu feilschen sagte der Drummer: Den Wagen nehme ich. Am Ende, so Mason, hatte er den Eindruck, dass der Händler glaubte, das Geschäft seines Lebens gemacht zu haben. Wenige Jahre später, nach dem Tode Enzo Ferraris, wusste Mason, dass er das Geschäft seines Lebens gemacht hatte, als sich der Wert des GTO beinahe verzehnfacht hatte. Auch heute dürfte es möglich sein, für einen GTO mit Renngeschichte – und bis auf einen hat jeder eine Renngeschichte! – Liebhaberpreise jenseits der 10.000.000 Euro-Grenze zu erzielen. Der #3223GT wurde jedenfalls 2004 für mehr als 10.000.000 $ verkauft.

Mason nutzte seinen GTO, um Rennen für historische Autos zu fahren oder die Kinder zur Schule zu bringen. Der GTO erwies sich selbst im Alter von über 30 Jahren als pflegeleicht.

Mehr ist eigentlich nicht zu sagen.


Literatur:

Peter Braun: Ferrari. Alle Serien- und Rennfahrzeuge. Von 1947 bis heute. Königswinter, 2000, Heel Verlag.

Jess G. Pourret: Ferrari 250 GT Competition. Stuttgart, 1986, Motorbuch Verlag.

Alan Lis: Ferrari 250 GTO. Königswinter, 1993, Heel Verlag.

Nicola Cutrera: Ferrari 250 Gran Turismo, Schindellegi/CH, 1992, Heel Verlag.

Brian Laban: Ferrari. Die Geschichte einer Legende. Dietikon-Zürich, 1992, Verlag Stocker-Schmidt AG.

Gianni Rogliatti: Ferrari Ecurie Garage Francorchamps. Milano, 1992, Giorgio Nada Editore.

Nick Mason/Mark Hales: Bis ans Limit. Hamburg, 1998, S&L MedienContor.

Wolfgang Hörner: 50 Jahre Ferrari 250 GTO, in: Ferrari World, deutsche Ausgabe, Heft 83, 4/2011, S. 30 ff..

Auto-Jahr, Lausanne/CH, Jahrgänge 1962, 1963, 1964, 1965 und 1966

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