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Saisonablußläufe der Trans AM und American GT
von Johannes Gauglica
Fotos:
www.rocketsportsracing.com, www.longbeachgp.com, www.americangt.com

Trans Am Laguna Seca
Ein gestreßter Manager gönnt sich nach einer aufreibenden Arbeitswoche ein bisschen Spaß und Entspannung bei seinem Lieblingshobby – daran ist nichts Verwerfliches. Paul Gentilozzi ist in seiner Rolle als Eigentümer und Chef der ChampCar World Series momentan ohne Zweifel beträchtlichem Streß ausgesetzt; seine Entspannung sucht er hinter dem Lenkrad eines von seinem Rocketsports-Team makellos vorbereiteten Jaguar XKR in der Trans-American Road Racing Series. Nach dem neunten und letzten Lauf (ursprünglich waren elf geplant) steht er als Meister fest. Der Haken daran: auch die Trans-Am-Serie gehört ihm. Gentilozzi hat seine eigene Meisterschaft gewonnen. Nicht nur deswegen hinterlässt die Trans-Am-Saison 2004 bei vielen Beobachtern einen bitteren Nachgeschmack.. TA Long Beach

Am Anfang war alles so einfach: der vierfache Champion Tommy Kendall würde bei Rocketsports sein Comeback geben und mit braver Unterstützung von Gentilozzi auf seinen fünften Titel losmarschieren, Boris „ich fahre alles“ Said würde ihm Paroli bieten, auch frühere Trans-Am-Stars wie Ron Fellows und Scott Pruett würden sich einige Male blicken lassen. Neben einem Haufen kleinerer Auszeichnungen („Most Improved Driver“, Motorenbauer des Jahres, usw.) würde das brandneue Unterstützungsprogramm für Teams aus der Amateurszene für ausreichende Starterzahlen sorgen. Zwanzig Autos pro Rennen wurden versprochen. Dieses Versprechen hat man teilweise fast um die Hälfte verfehlt. Schon ersten Rennen, dem traditionellen CART-Happening unter den Palmen von Long Beach (der geplante Saisonauftakt in St. Petersburg/Florida wurde abgesagt) zeichnete sich der Saisonverlauf ab: Gentilozzi fuhr einen klaren Start-Ziel-Sieg ein. Eine Massenkarambolage schaltete den Großteil seiner 16 Konkurrenten aus, am Schluß wehrte er sich mit Ellbogeneinsatz gegen Greg Pickett, einen Rocketsports-Kunden. In dieser Tonart ging es weiter. Den Jaguaren wurde schon voriges Jahr eine gewisse eingebaute Überlegenheit unterstellt, heuer schaffte es nur der unermüdliche Boris Said mit seinem Ford Mustang, den XKR eine Niederlage zuzufügen. Said möchte sich nächstes Jahr übrigens ganz der NASCAR-Szene zuwenden. Ron Fellows und Scott Pruett beließen es bei gelegentlichen Gastauftritten.

In Sebring 2001 gingen fast fünfzig Fahrzeuge an den Start. Der heurige Tiefpunkt waren die elf Autos in Toronto, aber die dreizehn auf den weiten Betonflächen von Cleveland sahen noch verlorener aus. Nicht viele Fernsehzuschauer hatten allerdings Gelegenheit, sich davon zu überzeugen: zeitversetzte Zusammenfassungen auf einem weniger verbreiteten Kabelkanal waren das höchste der Gefühle.

Gewinnen konnte also nur ein Jaguar, und Tommy Kendall schlug sich mit Entwicklungsschwierigkeiten am neuen Jaguar-Motor herum (in den anderen XKR arbeitet ein Ford-V8), deshalb räumte der Chef die Punkte ab. Auch das große Finale in Puerto Rico wurde gestrichen, somit war Gentilozzi Meister, und man hat fast den Eindruck, es sei ihm peinlich. Aber nur fast.

Cleveland

Nach Zentralamerika zieht es zum Jahresabschluß auch die American GT Challenge. In ihrem ersten Jahr hat die „Rebellenserie“ der Trans-Am- und GrandAm-Enttäuschten zwar auch kleine Felder, aber im Gegensatz zur Trans-Am dafür zumindest eine gute Ausrede. Dass die Premierensaison mit sieben Rennen bereits heuer zustandegekommen ist, spricht für die Entschlossenheit der Verantwortlichen, allesamt selbst Racer. Nach dem misslungenen Versuch, den Namen „Trans-Am“ vom Sports Car Club of America zugesprochen zu bekommen, hält man mit dem SCCA trotzdem die Verbindung aufrecht.
Puerto Rico
Im Carolina Motorsport Park rückten zwei Instruktoren der örtlichen Rennfahrerschule mit älteren NASCAR-Autos aus, um das Feld auf elf Starter zu verstärken. Bei der Veranstaltung in Lime Rock zwei Rennen später trat die AGT-Serie immerhin bereits im Rahmenprogramm der ALMS auf und begrüßte unter anderem auch Paul Newman als Gaststarter – alles publicitywirksame Aktionen, die man dem Trans-Am-Management weggeschnappt hat. Als Anreiz zum Mitmachen gibt es auch hier einige durch Sponsoren finanzierte und bislang noch bescheiden dotierte Zusatzpreise wie z.B. für den „Hard Charger“ des Rennens, also die größte Verbesserung von der Startaufstellung bis ins Ziel, und den „Tough Break“-Preis für das größte Rennpech (!). Heuer gewann fast jeder irgendwann irgendetwas, die Starterzahlen pendelten das Jahr über zwischen zehn und siebzehn.

Ein Herr reiste für jedes Rennen aus Puerto Rico an: der wohlhabende Geschäftsmann Edison Lluch ist auch Eigentümer einer Rennstrecke und zählt  mittlerweile zu den treuen AGT-Gefolgsmännern. Somit ist der Ausflug der American GT Challenge nach Perto Rico wohl auch für die nächsten Jahre gesichert; beim Rennen auf der Strecke von Ponce traten einige lokale Gaststarter an und räumten beim inoffiziellen Grand Prix von Puerto Rico (diesen Titel hätte das Trans-Am-Rennen tragen sollen) ab.

Damit war die Karibikkreuzfahrt der AGT noch nicht vorbei: von den puertoricanischen Unwettern ungebremst, suchte man zum Abschluß die Dominikanische Republik heim. Die kleine Rundstreckenzene dieser Länder setzt, genau wie die karibische GT-Meisterschaft, auf Trans-Am-artige Autos; und obzwar klein an Startern, Infrastruktur und Budget, sucht man durchaus Anschluß an das nordamerikanische Geschehen – auch das hat Trans-Am bis jetzt leider verschlafen. AGT stiftet als Antwort auf dieses Interesse gleich noch einen Preis: der beste lokale Starter wird Inter Americas Champion.
Auch über dem Autodromo Las Americas in Santo Domingo ging ein Unwetter nieder, und das brachte vor allem zwei Männer ins Zittern: Edison Lluch führte die Tabelle knapp an, eine Absage hätte ihm den Titel garantiert; der zweitplatzierte Charles Webster aus Kanada musste in beiden Läufen vor Lluch ins Ziel kommen und hoffte auf das volle Programm. Seine Hoffnung erfüllte sich, aber nicht in puncto Resultat: im ersten Lauf war Webster komfortabel vor Lluch, als die hintere Starrachse seiner Corvette  ihre Starre einbüßte; ein altmodischer Achsbruch zwang ihn aus dem Rennen. Während der Lokalmatador Luis Mendez die Zuschauer mit seinem Sieg begeisterte,  zog Lluch in der Gesamtwertung davon. Lauf 2 fand wieder unter tiefer Wolkendecke statt, und diesmal hatte Lluch die Techniksorgen. Wegen Motorproblemen zog er seine eigene Corvette zurück und stieg in das leihweise überlassene Auto eines Konkurrenten (!). Damit wurde er ans Ende des 17-Auto-Feldes relegiert, noch hinter Webster, der es drauf anlegte, jetzt endlich die nötigen Punkte einzufahren.

AGT
AGT Dom.Rep

 In all der Aufregung schmiß Lluch sein Auto in den Kies und retirierte zur Grundreinigung an die Box; Webster zog weiter seine Runden, allerdings unter immer stärkerer Qualmentwicklung. Die beiden führten ihr ungleiches Duell in den letzten Runden fort – Lluch schneller, aber eine Runde zurück, und Webster im Schongang. Am Schluß nahm Webster einen einzigen Punkt mehr als Lluch aus diesem Rennen mit – und die Meisterschaft endete unentschieden. Der Titel des American GT Champion geht nach Kanada und Puerto Rico. Die USA gingen nicht ganz leer aus, Rennveteran Bobby Sak gewann immerhin als erster Amerikaner ein Rennen in der DomRep.

Obgleich international eher unbekannt, hatte die American GT Challenge zumindest beim Unterhaltungswert heuer die Nase vorne. Für 2005 werden bereits Pläne geschmiedet, und auch Paul Gentilozzi sollte sich für die Trans-Am etwas einfallen lassen.

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