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Nordic Supercar Challenge
3. Lauf - Arctic Circle Raceway - 30.7-1.8.2004
von Petra Paetsch

Arctic Circle Raceway
Vom 30. Juli bis 01. August gastiert die Nordic Supercar Challenge erstmalig am Arctic Circle Raceway. Die 3,753 km lange Piste liegt 23 km nördlich von Mo i Rana in Norwegen auf einem ca. 3500 m hohen Bergplateu und zählt zu den schönsten Rennstrecken der Welt; insbesondere um diese Jahreszeit, wo sich die Nächte nur in sofern von den Tagen unterscheiden, als dass die Sonne nachts wenige Stunden nicht brennt und das Thermometer während dieser Zeit unter +40 Grad Celsius anzeigt. Am Polarkreis hat ein Sommertag wirklich 24 Stunden – wer die Dunkelheit liebt, sollte im Winter herkommen.

Zum Saisonhöhepunkt der Nordic Supercar Challenge haben sich nicht weniger als zwanzig Teams mit den spektakulärsten Fahrzeugen aus Schweden und Norwegen am Polarkreis eingefunden, u.a. Bohlin Racing. Nach Motortausch und einigen Testrunden auf der Heimstrecke im schwedischen Karlskoga Motorstadion befand das Team die Corvette C5 für renntauglich und machte sich ebenso motiviert wie optimistisch auf den langen Weg in den hohen Norden. „Ich werde am ACR siegen,“ gibt Lennart Bohlin selbstbewußt zu Protokoll. Das dies keine leeren Worte sind, ist spätestens am Freitag abend, nach Abschluss der freien Trainingssitzungen jedem klar. Der 61-jährige Ex-SuperCart Weltmeister kann noch immer problemlos den Speed der jungen Wilden mitgehen.

Einer der härtesten Konkurrenten ist sein Landsmann und Nordic Supercar Debütant Anders Levin. Dessen 700+ PS starker Porsche 993 GT2 Bi-Turbo schient zudem wie für den ACR gebaut. Mikael Mohlin mit seinem Wankelmotor betriebenen Mazda RX-7 Leichtgewicht (850 kg) komplettiert die Top Drei aus Schweden. Simply the Best aus dem norwegischen Nachbarland ist Haavard Lien, der mit seinem Chevrolet Corvette C4-R Batmobil bereits bei Saisonhalbzeit einen nahezu uneinholbaren Punktevorsprung in der Fahrerwertung für sich verbucht. Dagfinn Larsen mit dem Lotus Esperit und Jack Sverre Eidsvold auf seinem Porsche 993 GT2 Bi-Turbo zählen ebenfalls zu den drei Besten aus Norwegen.
Qualifying
Am Samstag, dem 31. Juli 2004 um 13:15 Uhr beginnt der Ernst dieses Rennwochenendes. Dagfinn Larsen/NOR setzt mit 01:28.202 die Polezeit; gefolgt von Anders Levin/SWE (01:28.594). Lennart Bohlin/SWE (01:28.749) und Haavard Lien/NOR (01:29.080) sorgen für eine reine Corvette-Startreihe zwei. Die Startaufstellung in Reihe drei ist mit Mikael Mohlin/SWE (01:30.835) vor Jack Eidsvold/NOR (01:31.206) ebenfalls bi-national. Auf Startplatz sieben bis dreizehn indess spricht man Schwedisch: Jarl Wermelin/SWE (01:31.554) Chevrolet Camaro Z28, Stefan Pettersson/SWE (01:32.226) BMW M1, Erik Behrens/SWE (01:32.867) Porsche 996 GT2 Bi-Turbo, Benny Larsson/SWE (01:32.999) Porsche 996 Cup, Jan Tolli/SWE (01:34.038) Porsche Boxster, Bernard Löhr/SWE (01:34.927) Porsche 996 GT3 RS, Kenneth Olsson/SWE (01:36.352) TVR Tuscan. Startposition vierzehn erreicht Kjell Alf Myrvold/NOR (01:36.439) im Studebaker Champion. Dahinter stehen David Forsberg/SWE (01:37.531) Opel Manta 400, Christian Nilsen/NOR (01:37.907) Volvo 850, Stefan Pfister/SWE (01:37.920) Lotus Europa Turbo, Björn Fuglstad/NOR (01:40.531) Ultima Sport und Per O. Karlsen/NOR (01:52.278) Chevrolet Camaro. Der rote Lotus Esperit quittiert bereits in der ersten Qualifikationsrunde den Dienst; Torbjörn Hovland/NOR muss daher das Rennen vom letzten Startplatz aufnehmen.

Samstag, 31. Juli 2004 – NSC Race 1
Um Punkt 16:15 Uhr springt die Startampel zum ersten Heat, ausgetragen über eine Renndistanz von 10 Runden, auf Grün. Anders Levin macht seinem Ruf als Blitzstarter alle Ehre. Der Schwede gewinnt klar das Startduell gegen Dagfinn Larsen, während der Norweger alles Pech der Welt gepachtet zu haben scheint. Bereits in Runde eins bricht die Antriebswelle des Lotus Esperit und sein Rennen ist beendet. Haavard Lien entscheidet das Startduell der Vetten zu seinen Gunsten und macht sich, mit Lennart Bohlin im Windschatten direkt auf die Verfolgung des führenden Bi-Turbo Porsche.
Bohlin Corvette
Eidsvold-Porsche
Jarl Wermelin auf dem Camaro Z28 kann gleich am Start drei Plätze gut machen. Sein Fanclub – die treuen Anhänger des, im ca. 500 km entfernten Sorsele/Lappland ansässigen Schweden sind auch in diesem Jahr wieder zu Polarkreis gereist um ihren Favoriten anzufeuern – honoriert seine Leistung mit tosendem Beifall, Hupkonzert und geschwenkten Flaggen. Wermelin bedankt sich mit einem ausgezeichneten Rennen, welches er schließlich auf Rang sieben ins Ziel bringt.
Nach Ablauf der ersten Runde lautet die Reihenfolge auf der Piste: Levin, Lien, Bohlin, Wermelin, Erik Behrens und Jack Eidsvold auf den Bi-Turbo Porsche, gefolgt von Mikael Mohlin mit seinem Mazda RX-7 an Position sieben. Christian Nilsen parkt derweil den Volvo 850 V8 in der Boxengasse und in der nächsten Runde ereilt David Forsberg mit seinem Opel Manta 400 V8 das selbe Schicksal.
Lennart Bohlin befindet sich nach geglücktem Ausbremsmanöver in Runde zwei auf P2, aber das Batmobil klebt an der C5 und der Abstand beider Vetten auf den führenden Levin im Porsche ist marginal; die Lücke zum Rest des Feldes um so deutlicher.
In der Verfolgergruppe verringert Erik Behrens kontinuierlich die Distanz zu seinem Landsmann Wermelin, während Mikael Mohlin Attacken auf Jack Eidsvold reitet, die aber zunächst erfolglos bleiben. In der Mitte des Feldes bieten Kenneth Olsson mit seinem TVR Tuscan und Norwegens Driftkönig Kjell Alf Myrvold im Studebaker Champion dem Publikum einen spannenden Fight, aus dem der Schwede im Enderfolg als Sieger hervorgeht.

Was wäre racing action ohne special effects? Für die Rolle des Helden, der im heutigen Rennkrimi für die obligatorische Schrecksekunde sorgt, gibt es nur eine Besetzung: Batman Haavard Lien. Bei einem spektakulären Versuch, P2 zurück zu erobern gerät das Batmobil aufs Gras und zwingt den norwegischen Champion in einen Dreher.
 Lien behält die Kontrolle über sein Einsatzfahrzeug, fällt aber aufgrund der Offroad-Einlage hinter das Verfolgerfeld auf Rang sieben zurück und startet umgehend eine atemberaubende Aufholjagd. Jack Eidsvold im Bi-Turbo Porsche bereitet der Corvette C4-R keine grossen Schwierigkeiten, aber der Chevy Camaro Z28, pilotiert von Jarl Wermelin ist bekannt dafür, dass er die komplette Breite einer jeden Rennstrecke annehmen kann. So auch am ACR – eine Runde lang gelingt es Wermelin, alle Attacken des Batmobil zu vereiteln, dann setzt sich Lien auf der Start-Ziel Geraden neben den Camaro, gibt Vollgas und bremst in der darauffolgenden Kurve aus. Prezis das gleiche Manöver reitet Lennart Bohlin gegen Anders Levin, und auch dieses Duell gewinnt der Corvette Pilot. Bohlin übernimmt die Führung, während Levin mit Bremsproblemen in seinem Bi-Turbo Porsche zu kämpfen hat, welche ihn schließlich sogar um einen verdienten Podiumsplatz bringen. Batman Haavard Lien bezwingt in den letzten zwei Rennrunden Erik Behrens und Anders Levin auf ihren Bi-Turbo Porsche sowie Mikael Mohlin. Der Mazda Pilot ergattert den letzten Podestplatz, Lien beendet sein Rennen auf Rang zwei. Lennart Bohlin indess ließ seiner Ankündigung die Tat folgen: Er kam, sah und siegte!

Shoot-Out
Gemäß dem Nordic Supercar Reglement 2004-2006 ergibt sich die Startaufstellung für das Hauptrennen aus der jeweiligen Platzierung im Sprintrennen – mit Ausnahme der Piloten, welche im Heat am Samstag die ersten sechs Ränge erreichen. Diese Fahrer treten am Vormittag des Rennsonntag zum sogenannten Shoot-Out an. Es wird dabei je eine einzige Aufwärmrunde, Qualifikationsrunde und Auslaufrunde gefahren. Der sechstplatzierte des Sprintrennens beginnt: am Sonntag, 01.08.2004 um 11:30 Uhr definiert Jack Eidsvold mit einer Rundenzeit von 01:30.142 am ACR die Messlatte. Erik Behrens bleibt mit 01:30.739 knapp darunter. Anders Levin im stärksten Bi-Turbo Porsche setzt mit 01:28.199 Bestzeit. Mikale Mohlin gelingt auf dem Mazda eine 01:28.951 Runde. Mit einer Rundenzeit von 01:30.462 landet Haavard Lien auf Startplatz fünf und kann somit dies Shoot-Out unter der Rubrik ‚nachher ist man immer klüger’ abhaken. Im ersten Heat hatten sich gebrauchte Reifen als Nachteil erwiesen, daher zog das Stockpoint Racing Team für die Super Pole neue Gummis auf; ein gründlicher Fehlgriff.
Start

Mit angefahrenen Reifen hätte Lien vermutlich eine hohe 1:27ger Zeit in den Asphalt brennen können und das wäre die Pole Position gewesen – aber eine Aufwärmrunde reicht nicht, um das schwarze Gold auf die Temperatur zu bringen, welche erforderlich ist um mit dem Batmobil genügend Gripp für eine richtig schnelle, gezeitete Runde aufzubauen, dies gilt insbesondere bei nagelneuen Reifen. Somit hält Anders Levin die Pole Position. Lennart Bohlin stellt seine Corvette C5 mit einer 01:28.349 ebenfalls in die erste Startreihe.

Sonntag, 01. August 2004 – NSC Race 2
Um 14:15 Uhr ist es Zeit für den Höhepunkt des Wochenendes, dem Start des Hauptrennens in der Nordic Supercar Challenge. Passend dazu hat nun auch das Quecksilber die Spitze des Thermometers erreicht; bei Rennstart beträgt die Lufttemperatur am Polarkreis +52 Grad Celsius. Was die Fahrer in den nun folgenden 14 Rennrunden erwartet, lässt sich an diesem Beispiel verdeutlichen: man setze sich vollständig bekleidet – d.h. mit feuerfester Unterwäsche, Rennoverall, Balaklava, Helm usw. – in der Sauna auf einen Heimtrainer und trete eine knappe halbe Stunde lang bis zum Anschlag in die Pedalen. Ein Bad im Meer entspricht bestimmt eher den Wunschvorstellungen des ein oder anderen Piloten, aber Anders Levin hat nur ein Ziel: Revanche für die Niederlage, welche er sich im ersten Lauf aufgrund defekter Bremsen einhandelte. Um eine Wiederholung der gestrigen Probleme auszuschließen, tauscht Bernard Löhr die Bremsanlage seines Porsche 996 GT3 RS mit der des 993 GT2 Bi-Turbo. Eine freundschaftliche Geste, die dem Teamkollegen Levin zum Sieg verhelfen sollte.
Bohlin Corvette
Wie am Vortag gewinnt der Porsche Pilot und Polesitter das Startduell, Mikael Mohlin verliert gleich zwei Plätze. Die Top Six gehen wie folgt in die erste Kurve: Levin, Bohlin, Eidsvold und Lien, gefolgt von Mohlin auf dem Mazda und Erik Behrens im Bi-Turbo Porsche. In Kurve zwei passiert Bohlin seinen Landsmann Levin und übernimmt die Führung. Haavard Lien bezwingt Jack Eidsvold und bringt das Batmobil in Schlagdistanz zum Führungsduo. Christian Nilsen verzeichnet den wiederholten Ausfall seinen V8-befeuerten Volvo 850. Stefan Pettersson auf dem BMW M1 ringt um Rang sieben mit Jan Tolli; dieser wiederum mit den Getriebeproblemen seines Porsche Boxster, bei dem sich ein Gang nach dem anderen verabschiedet. Der BMW Pilot kann am Ende der Start-Ziel Geraden vorbeiziehen und Tolli’s Durchhaltevermögen bleibt unbelohnt. Zwei Runden vor Rennende sind alle Gänge weg und der Boxter Pilot zum Aufgeben gezwungen.
 
In Runde zwei beendet das Schicksal in Form eines Kieselsteinchens den Dreikampf um die Spitze und nimmt Batman Haavard Lien die Chance auf den Sieg. Besagtes Delikt aus dem Kiesbett hatte nicht nur den Weg auf die Piste gefunden, sondern wird durch einen Lufteinlass in der Kühlerhaube ins Innere der Corvette C4-R geschleudert, wo sich der Kiesel festklemmt und jegliches Gasgeben unmöglich macht. Lien bleibt nichts anders übrig, als das Batmobil ins Gras zu lenken, dort zu parken und das Rennen als Zuschauer aus der ersten Reihe zu genießen. Der einzige Trost ist, dass es sich am ACR nicht um einen Wertungslauf für die Meisterschaft handelt.
Mikael Mohlin wittert nach dem Ausfall des norwegischen Publikumsliebling Podiumsluft, der Mazda Pilot attackiert Jack Eidsvold mit Erfolg und übernimmt P3. Erik Behrens versucht im Schlepp des Mazda das gleiche Kunststück, Eidsvold kann den Versuch jedoch vereiteln. Dies NOR vs SWE Match ist im Grunde genommen, die Fahrzeuge betreffend, eine Art Bruderduell. Beide Bi-Turbo Renner stammen aus dem Hause JPS und wurden früher von Bosse Jonasson u.a. in der Schwedischen GT Meisterschaft pilotiert. Behrens’ Porsche 996 GT2 ist das jüngere Modell und Jonasson’s Meisterstück – die meisten Rennerfolge erzielte der Schwede jedoch mit dem Porsche 993 GT2 auf dem Eidsvold nun die Fahne des Nachbarlandes hoch hält.

Das Hauptrennen ist geprägt von zahlreichen Zweikämpfen, wie dem von Eidsvold gegen Behrens, und Stefan Pettersson, der im BMW M1 Rang sieben gegen Jarl Wermelin auf dem Chevrolet Camaro Z28 verteidigt – sowie Fights in kleinen Gruppen, wo jeder Pilot seinen Platz zu verbessern  respektive zu halten trachtet, z.B. Stefan Pfister im Lotus Europa Turbo, verfolgt von Kenneth Olsson im TVR Tuscan und Bernard Löhr, der im Porsche 996 GT3 RS zuerst aufschließen und dann beide bezwingen kann. Ein relativ einsames, doch fehlerfreies Rennen fährt Benny Larsson im Porsche 996 Cup – vor zwei Wochen noch Siegfahrzeug im Porsche Carrera Cup Scandinavia – auf Rang neun nach Hause. Torbjörn Hovland komplettiert auf dem Lotus Esprit die Top Ten.

P1 und P2 sind nach dem Ausfall des amtierenden Norwegischen Special Saloon Meisters Lien komplett in schwedischer Hand, aber die Landsleute schenken sich rein gar nichts und kämpfen ebenso hart wie fair. Anders Levin, dessen Bi-Turbo Porsche etwas besser beschleunigt als die Corcette C5, holt sich die Führung zurück und knallt Lennart Bohlin die Tür zu um den Gegenangriff im Keim zu ersticken. Dies gelingt eine Runde lang, dann ist die Vette wieder vorn.

Flagge


Levin versucht zu contern, verliert dabei ein wenig an Boden und Bohlin verlegt sich in der nächsten Runde auf eine etwas defensivere Fahrweise, während der Porsche Pilot Vollgas gibt, um als bald wieder formatfüllend im Rückspiegel des Konkurrenten aufzutauchen. Von nun an wechselt die Führung nachzu in jeder zweiten Kurve, wodurch Mikael Mohlin der Anschluss an das Duo gelingt. Rang drei ist allerdings das Maximum für den Mazda Piloten, sein Rückstand auf die führende Corvette C5 beträgt  eine Runde vor Rennende 2,5 Sekunden. Am Ende der Start-Ziel Geraden ist der Bi-Turbo Porsche wieder auf gleicher Höhe mit der Corvette. Bohlin bremst spät in die folgende Kurve, Levin bremst noch später, holt die Führung zurück, verteidigt diese nun mit dem berühmten Messer zwischen den Zähnen und gewinnt das Nordic Supercar Hauptrennen am Arctic Circle Raceway! Lennart Bohlin überquert die Ziellinie mit einer Differenz von 00:00.987 als Zweiter. Mohlin rettet den dritten Podiumsplatz vor dem Mann, welchem ein Pokal für die sensationellste Aufholjagd des Tages gebührt: Dagfinn Larsen, mit seinem Lotus Esperit vom zwanzigsten d.h. letzten Startplatz ins Rennen gegangen, sieht die schwarz-weiß karierte Flagge als Vierter.

Petra Paetsch (Nordic Supercar Media Delegate)

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