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5.11.99 ; von H.Gallinnis

Interview mit  Martin Krisam Sn.

Im Anschluß an das Austia Euroserie Finale in Hockenheim konnte ich direkt nach dem Interview mit dem nun 4-fachen Meister Martin Krisam Jr. auch seinen nicht minder erfolgreichen Vater Martin Krisam Senior vors Mikrophon kriegen. Der mehrfache Bergmeister gilt seit einigen Jahren als eingefleischter Sportwagenroutinier und erwies sich als dankbarer Interviewpartner, der bereitwillig interessante Einblicke in die Euroserie, die ISRS, den Bergrennsport, die DTM2000 und die Firma URD erteilte, die an dieser Stelle keinem vorenthalten möchte.

Martin Krisam Senior

GT-One-Logo: Sie haben sich heute hier in Hockenheim den Titel in der Division 3 gesichert?
Martin Krisam Sn. (M.K.Sn.): Den habe ich mir schon vor den letzten Rennen in Brünn gesichert. In Brünn habe ich ihn dann gefestigt, nachdem ich das erste Mal seit 3 Jahren in Brünn angekommen bin; obwohl mir die Strecke eigentlich sehr liegt, aber scheinbar mag sie mich nicht. Deswegen bin ich auch hier in Hockenheim aus der Division rausgegangen, um mir selbst das Geschenk zu machen und mit diesem Auto hier (dem URD-WSC), das ich schon seit Jahren bewundert habe, einmal zu fahren. Das ist mir auch schon zum Kauf angeboten worden, aber das ist ein Thema fürs nächste Jahrtausend. Ich habe vor dem Rennen erfahren, daß ich auch einen Punkt vorne bin in der Trophy, das hatte ich gar nicht beachtet.
GT-One-Logo : Die Trophy ist eine Motorenwertung?
M.K.Sn. : Nein, die Trophy gilt für die ganzen Fahrzeuge, die mit Rennmotoren und nicht mit Gruppe N-Motoren fahren. Das ganze große Zeugs, wie z.B. die Mugen-Motoren und so. Nachdem dann hier der Reiner Fink abgeflogen ist, wußte ich daß ich die Tropy auch noch gewonnen hatte, da konnte ich eigentlich gleich heimfahren.
Mir fehlte leider noch ein wenig die Erfahrung auf diesem Auto, deswegen habe ich das Renntempo zu Anfang ein wenig herausgenommen und den Centenari vorbeigelassen, weil meine Reifen noch nicht heiß waren. Ich habe mich dahintergehängt, dann ist der vor mir abgeflogen. Ich bin dann wieder aufgelaufen auf den Giudici und habe dann in der Folge sehr viele Sekunden liegen lassen bei der Überrundung durch den Marcel Steiner, weil ich dann auf meinen Sohn gewartet habe, aber der hat sich etwas Zeit gelassen. Das hat mich 3 Runden gekostet. Weil 2 Runden mehr und ich hätte den Giudici auch noch gehabt. Das war so eine Privatansage zwischen dem Giudici und mir, wer den dicksten Bauch hat, aber er hat halt den besseren Schneider.
Für nächstes Jahr ist dann geplant, daß der Osella an den Berg kommt. Den hat der deutsche Vizemeister gekauft, der Uwe Lang. Unter Umständen kommt auch der C3 von mir permanent an den Berg. Das ist der blaue, die Nr.41, den der Herr Robel heute gefahren hat. Das ist normal mein Auto. Er ist ein Neueinsteiger, der im nächsten Jahr die Euroserie komplett fahren will. Die Italiener waren heute da um die Euroserie mal zu probieren. Die gehen raus aus der ISRS, weil durch die langen Reisen und die Verpflichtung, daß man alle Überseerennen fahren muß um gewertet zu werden, das zu viel Geld kosten wird. Alleine durch die Transportkosten kommen da 300-400.000DM zusammen. Deswegen wird die Euroserie wohl in Zukunft in eine profihafte Amateurliga übergehen. Da wird sicher die Euroserie immer besser werden, alleine vom Starterfeld her. Auch wir bauen für nächstes Jahr 3 neue CN auf.

Giudici Picchio
Gianni Guidici mit seinem Picchio - im nächsten Jahr Teilnehmer an der Euroserie?

GT-One-Logo : Alle als URD?
M.K.Sn. : Ja, alles URD.
GT-One-Logo : Können sie vielleicht was zur Firma URD sagen? Diese Firma ist ja bisher eher Insidern bekannt.
M.K.Sn. : Die Firma URD hat ja früher Rennwagen gebaut. Sie waren die ersten die 1981 nach dem neuen Gruppe C Reglement die ersten 6 Autos aufgebaut haben, noch vor Porsche und allen anderen. Dann ging die Zusammenarbeit los mit AMG, für die URD am Anfang einen Großteil der Kunststoffteile und am Anfang auch der mechanischen  Teile geliefert hat. Dementsprechend haben sie sich nicht mehr so dem Sportwagengeschäft widmen können. Das habe ich dann 1986 ein wenig forciert. Damit sind wir 87 in der C2-Teamweltmeisterschaft auf den 3.Platz gekommen. Das Auto ist danach in der IMSA gefahren. Es ist dann da leider irreperabel zerlegt worden von den ehemaligen Ski-Weltmeistern Steve und Phil Mare.
Dann hat man das neue Auto aufgebaut, was ich heute gefahren habe. Zuerst hatte es ein Dach und ist dann einmal in Phönix gefahren und dann in Road Atlanta. Es ist 2mal 8.geworden. Dann haben wir gesagt, na gut wir können ein Auto bauen.
Man darf ja nicht vergessen: da ist ein 20 Jahre alter Motor drin aus dem M1, mit neuer Elektronik allerdings.  Der Motor hat jetzt 500PS, geht allerdings wunderschön. Dann hat man nach dem neuen Reglement das Dach heruntergemacht. Der Hahne ist hier vor 2 Jahren schon einmal mit dem Wagen gefahren und hat sich mit meinem Sohn einen erbitterten Kampf geliefert wer der bessere URD ist. 97 ist man damit auch nach Sebring und Laguna Seca gegangen in den Rahmenrennen zur FIA-GT-Meisterschaft. In Sebring ist uns leider ein technischer Defekt passiert, da haben wir aber auf dem 6.Startplatz gestanden. In Laguna Seca sind wir nach der Tankpause auf dem ersten Platz gelegen. Als die Amerikaner das spitzgekriegt haben, haben sie das Rennen einfach um eine Viertelstunde verkürzt, weil sie wussten, daß wir nur dann noch einmal tanken müssen. Leider sind wir da durch eine Kollision und die Tankpause im Endeffekt auf dem 9.Platz gelandet.
Wir sind ja dort in der IMSA-Serie ein amerikanisches Team gewesen. Auch hier ist der Bewerber URD of North-America mit Sitz in Naples. Die sind dort mit einer eigenen 600qm großen Werkstatt komplett eingerichtet, die auch von anderen Teams als Zwischen- oder Winterlager mit genützt werden.
Wir werden diese 3 neuen Autos unter dem Namen URD in Zusammenarbeit mit URD aufbauen. Ich werde sämtliche Teile beziehen und werde in die Entwicklung mit eingebunden sein. Die Karosserie ist jetzt 2 mal im Windkanal getestet worden.

URD-WSC-BMW
Der URD-World Sportscar mit Martin Krisam Sn. am Steuer

GT-One-Logo : Wird das die selbe Konfiguration sein, die heute gelaufen ist?
M.K.Sn. : Ja, bloß daß diese auf 600+Kilo reduziert wird, weil es gleichzeitig ein IMSA und ISRS-taugliches Chassis sein soll, falls Kunden einen solchen Einsatz planen. Wir haben dabei gewisse Vorgaben vom Radstand, die wir einhalten wollen. Wir wollen auch weg von den 13 Zoll Rädern und andere Räder fahren. Wir wollen auch ein anständiges Getriebe für dieses Auto haben und pneumatische Heber, damit das ganze Geschäft dann schneller geht. Wir werden dann mit 3l CN-Motoren fahren. Der BMW-Motor ist homologiert bis 2004, so daß wir noch 5 Jahre damit fahren können.  Wir werden nicht der hohen Höcker verwenden, sondern der Wagen wir so flach sein wie die restlichen Autos die man hier sieht. Mit einem Ansaugstutzen, der seitlich herausragt.
GT-One-Logo : URD wollte ja anfangs des Jahres in die ISRS einsteigen, zumindest waren sie als Teilnehmer gemeldet. Warum hat sich dann nichts ergeben?
M.K.Sn. : URD baut ja auch die Komponenten für den Straßen-CLK von AMG. Der leitende Renningenieur von AMG ist ja auch hier, das ist der Sohn vom Herrn Ungar. Dann hat man ja auch die Komponenten für die Le Mans Autos gebaut. Wobei die Autos am 6.Februar, wo ich sie gesehen habe, noch ganz anders ausgeschaut haben, wie die die dann in Le Mans so ein zweifelhaftes Ende gefunden haben. So kann man das ja sagen.
Und jetzt geht ja das DTM-Geschäft los. Mercedes muß ja 8 Autos im Starterfeld stellen, genauso wie Opel auch. Das heißt, daß man am Anfang sicherlich Komponenten für 20 Autos bauen muß. Die Autos sind momentan im Atelier bei der Firma URD. Es sind schon die ersten Karosserien-Fertigungen da. Es ist übrigens so, daß diese nicht so ausschauen, wie die Wagen die in Frankfurt bei der IAA präsentiert worden sind.
GT-One-Logo : Wäre der Sportwagen-Weltcup denn im nächsten Jahr ein Thema für sie?
M.K.Sn. : Nein, sicher nicht! Eben aus den finanziellen Gründen heraus. Da müssten wir uns Sponsoren suchen, oder Fahrer die halt für den Einsatz bezahlen. Sicher der Sportwagen-Weltcup ist eine wunderschöne Sache, aber es werden sicherlich viele Teams abwandern, die jetzt noch SR2 gefahren sind. Es werden dort Teams einsteigen, die bisher SR1 gefahren sind. Ferrari wird sich sehr viel überlegen müssen, wenn sie überhaupt mit einem neuen Auto kommen. Wenn nicht dann gehe ich davon aus, daß die Serie gestorben ist, weil mit 10 oder 12 Autos kann man bei keinem Veranstalter antreten.
GT-One-Logo: Sie werden also weiterhin in der Euroserie und der Bergmeisterschaft antreten?
M.K.Sn. : Ja, sporadisch auch am Berg wenn wir keine Terminkollisionen haben. Die Euroserie bleibt die vorangige Serie, obwohl ich ja in der Regelkommission drin bin bei der deutschen Bergmeisterschaft und so auch da meinen Senf dazugeben kann. Wir kommen halt von Berg und haben immer ein Auge auf den Berg und werden diesem auch in irgendeiner Weise immer treu bleiben. Bei uns ist halt die Aussage da, daß wir die Euroserie fahren werden und wenn man die Meisterschaft 4mal hintereinander gewonnen hat, dann haben wir eigentlich bewiesen, daß wir das können, wenngleich man jetzt auch vom Erfolg her nicht überheblich werden sollte.


Der URD-391 von Martin Krisam Sn. beim Berg-DM-Lauf in Trier

Aber wenn irgenwo Zeit ist, werde ich jeden Termin der deutschen Bergmeisterschaft ausnützen, den ich wahrnehmen kann. Mein Sohn hat ja jetzt geheiratet und wird da wahrscheinlich eingeschränkter sein.
GT-One-Logo : Sind sie denn mit der Euroserie, so wie sie jetzt läuft, zufrieden?
M.K.Sn. : Ja, sehr zufrieden, muß ich wirklich sagen. Wobei sich der Herr Pedrazza wirklich Mühe gibt. Leider hat er bis jetzt noch nicht das Glück gehabt, daß er auch einmal den Gesamtsieger stellt. Das ist ja auch ein wenig der Hintergrund um damit ein wenig mehr Autos zu verkaufen, was ja auch legitim ist. Er gibt sich aber auch sehr viel Mühe und hat sehr viel Arbeit die Rennen auch unterzubringen. Auch es jedem recht zu machen. Die Schweizer wollen halt am liebsten von ihrem Heimatort aus 200km zur nächsten Rennstrecke anfahren und das geht halt nicht. Wir in Deutschland sind dagegen gewohnt größere Strecken zu reisen, da das Land halt größer ist.
Wir werden nächstes Jahr 11 Rennen haben. Es kommt sicher eine Doppelveranstaltung auf dem Salzburgring dazu. Hockenheim bleibt mit 2 getrennten Rennen im Programm. Wir werden 2mal in Dijon fahren, 2mal in Brünn und voraussichtlich finden dann noch Rennen am A1-Ring oder in Italien statt. Das muß der Herr Pedrazza noch fix machen .........
GT-One-Logo : Danke für das Gespräch!!

Familie Krisam
Die schnellste Familie der Euroserie: Martin Krisam Sn.&Jr.

Leider enden an dieser Stelle meine Aufzeichnungen, da mein Diktiergerät gerammelt voll seinen Dienst quittierte. Ich bin sicher, daß wir jedoch im kommenden Jahr noch Gelegenheiten haben werden mehr interessante Fakten über die Euroserie bei einem zusätzlichen Interview mit den Krisams zu erfahren. Mehr über die Serie garantiert im kommenden Jahr auf diesen Seiten.

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